Ursprünglich wollte ich eine zweite Telecaster zu meiner Squier haben, damit ich eine im Backup habe, falls auf der Bühne oder in der Probe eine Saite reißt und keine Zeit bleibt um im Halbdunklen eine neue draufzufummeln. Wichtig war mir dabei das klassische Telecaster-Setup mit den beiden Singlecoils und der Brücke mit drei Saitenreitern. Ausserdem wollte ich gerne eine Brücke haben, die an den Seiten so hochgefalzt ist wie hier. Kommt meinem schrebbeligen Spielstil sehr entgegen.
Dementsprechend musste sich die TE-70 auch mit meiner Squier messen und da kann sie auf jeden Fall ziemlich gut mithalten, trotz, dass die Squier einfach mal 400€ gekostet hat.
Fangen wir oben an. Ich finde die Mechaniken an dieser hier deutlich besser als an der Squier. Da sind diese ollen Vintage Kluson-Mechaniken drauf und ich hasse die Teile so sehr. Total umständlich da neue Saiten aufzuziehen und ich kann auch nicht verstehen warum man die haben will, ausser für den Nostalgiefaktor. Da Nostalgiefaktor mir aber in der Praxis wenig bringt geht der Punkt an die Harley Benton. Sattel, Hals, Griffbrett und Bünde scheinen mir bei beiden Gitarren ebenbürtig zu sein. Sauber verarbeitet, angenehm tiefe Saitenlage, Bundstäbchen sauber verarbeitet, keine scharfen Kanten. Aber da die Harley Benton eben nur um die 150€ kostet und die Squier halt 400 geht auch dieser Punkt an die Harley Benton.
Die Tonabnehmer sind dann wirklich Geschmackssache. Die bei der Harley Benton haben einen deutlich höheren Output, bleiben dabei aber gefühlt genauso dynamisch. Allerdings verlieren sie etwas an Klarheit bei gecrunchten Let Rings. Da lassen sich die einzelnen Saiten nicht mehr so schön ausdifferenziert raushören. Also Punkt für die Squier.
Die Brücke finde ich tatsächlich deutlich besser als an der Squier. Bei der ist mir die Brücke innerhalb weniger Wochen völlig verrostet, vor allem die Saitenreiter. Die Harley Benton sieht bei gleicher Beanspruchung immer noch so aus wie Out of the Box. Da kann man nicht meckern. Wieder Punkt für die HB.
Auch die Klinkenbuchse macht bei der Harley Benton eine bessere Figur. Zum einen ist sie nicht in die Zarge eingelassen, was auch angewinkelte Stecker zulässt. Zum anderen leihert die nicht ständig aus. Ich muss bei der Squier eigentlich einmal im Jahr eine neue Buchse einbauen lassen. Die Harley Benton hat bisher nur einen Wechsel hinter sich. Wie gesagt bei gleicher Beanspruchung. Wieder ein Punkt für die HB.
Die Potis sind für meinen Geschmack genau richtig. Viel besser als bei der Squier finde ich dann sogar noch den Switch. Der fühlt sich schön saftig an und der Knopfrunde Aufsatz ist deutlich leichter zu bedienen. Wieder ein Punkt für die HB.
Und jetzt kommt der Teil der mich wirklich ärgert. Als ich mir die TE-70 damals gekauft hatte wurde die noch ohne String Thru Body gebaut. Und mit wäre schon deutlich geiler gewesen. Meine Squier hat das, also Punkt für die. Ich kann gar nicht verstehen, wie man das nicht haben will. Ich wollte das dann mal nachrüsten lassen, aber die Kosten für die Hülsen und den Einbau hätten den Wert der Gitarre überschritten. Da hab ich mir das dann gespart. Ich frage mich bis heute ob das das Problem mit den gecrunchten Let Rings behoben hätte. Sei es drum.
Eine Telecaster für 155€ in so einem wunderschönen Design, mit so schöner Bespielbarkeit und einem völlig annehmbaren Klang, vernünftiger Verarbeitung und gutem Setup muss man einfach lieben. Eigentlich gibt es kein schlechtes Equipment, nur schlechte Anwendung. Das hier ist halt keine Metalaxt. Ich spiele damit vertrackten Hardcore im Low Gain Bereich und da macht sie ihre Arbeit perfekt. Der twangige nasale Telesound kommt hier auch noch mit 12er Saiten gut durch und das Schrebbelige passt gut zu dem was ich haben will. Man kauft sich ja auch keinen Smart und beschwert sich dann über den fehlenden Kofferraum. Dementsprechend kriegt man hier für sein Geld das was eine Tele halt hat: typischer Telesound, typische Telebridge mit den drei Saitenreitern, dabei ein modernes Halsprofil und halt die üblichen Probleme oder Eigenheiten mit Single Coils. Hab die mal so nem alten Knacker mit 40 Jahren Gitarrenerfahrung in die Hand gedrückt, damit er da sein Standardbluesgenudel drauf abziehen konnte und ihm nicht gesagt wie teuer die war. Er hatte selbst eine Fender Tele Custom Shop, diverse Mexiko Teles und ein paar Strats von Squier und hat diese Gitarre auf 650€ geschätzt. Mehr muss ich eigentlich nicht mehr dazu sagen.