Der Bandit ist kein Übungsamp sondern ein ausgewachsener Combo. Das Gehäuse erscheint mir okay, Griff, Füße und Ecken wirken freundlich gesprochen preiswert – es ist aber auch ein sehr preiswerter Amp. Die ungefähr 20 kg Gewicht lesen sich schwerer als ich sie finde. Im Vergleich wiegt eine volle Kiste Bier mit 0,33 l Flaschen etwa 17 kg, damit man mal eine Vorstellung hat. Das ist problemlos zu händeln von der Wohnung oder dem Probenraum raus ins Auto oder bei Transporten zu Gigs aber definitiv nichts mehr für den Spaziergang zum Gig mit dem Amp in der Hand.
Fangen wir ganz vorne an. Die zwei Eingänge führen nicht nur zu unterschiedlicher Empfindlichkeit für das Gitarrensignal sondern auch zu deutlichem Soundunterschied. Ich weiß selbst noch nicht, ob ich die leicht bedämpften Höhen mag oder nicht, das wird sich noch rausstellen. Der Amp hat Leistung genug und Gain kann man sowohl sehr niedrig als auch sehr hoch fahren, daher sehe ich diese beiden Eingänge eher als Möglichkeit der Klangfärbung und nicht so sehr als technische Notwendigkeit an.
Per Kippschalter kann man im Cleanbereich zwischen Classic, Vintage und Warm wechseln. Das könnte man schon fast analoges Modeling nennen, denn hier passiert eine ganze Menge. Classic ist ein normales Transen-Clean, bei Vintage wird es etwas „knochiger“ und Warm geht Richtung Jazz. Mittels Klangregelung lassen sich noch jede Menge Dummheiten anstellen oder der Sound sinnvoll bearbeitet werden.
Dennoch bleibt das immer Transen-Clean. Schnell, sehr schnell und sehr unbarmherzig. Da komprimiert überhaupt nichts, die Töne spritzen nur so raus. Spielerische Nuancen setzt der Amp toll um oder anders formuliert: Schlampiges Spiel hört man sofort. Was überhaupt nicht funktioniert, ist Anzerren. Es mag ja sein, dass es ein Anzerren im Cleanbereich mal gibt, wenn man den Volumeregler bis zum Anschlag aufreisst – dann aber bluten die Ohren, das ist überhaupt nicht praxisgerecht (für Menschen, die zum üblichen Kundenkreis für so einen Amp gehören). Wir reden über einen sauberen, wenn nicht sogar reinen Cleankanal. Ein Booster vor diesem Cleankanal macht einfach nur lauter und es zerrt auch hier nichts.
Aber der Amp hat ja noch einen zweiten Kanal. Die Fachpresse und das Internet loben den zweiten Kanal entweder für Metaller oder gar nicht. Neben Gain, Master und Klangregelung gibt es auch hier einen Kippschalter für Classic, Modern und Highgain. Classic hat am wenigsten Gain. Tatsächlich lässt sich dort bei Gain rund um Schalterstellung 3 ein leichter Crunch zusammendrehen und das Ganze klart auch sehr schön auf, wenn man am Volumenregler der Gitarre dreht – es geht sogar clean.
Modern klingt für mich eher nach den Achtzigern mit extrem ausgedünnten Mitten und Gain plusplusplus. Damit kann ich nichts tun.
Die Bezeichnung Highgain ist für die dritte Schalterstellung meiner Ansicht nach Unsinn. Das klingt tatsächlich eher nach einem vorgeschalteten fetten und mittigen Zerrer vor der Schalterstellung Classic.
Fachpresse und Internet sind sich einig, dass der Zerrkanal rauscht, sich das aber in einem akzeptablen Rahmen hält. Dem schließe ich mich erstmal so an. Wenn zum Rauschen das Brummen der Singlecoils dazu kommt, ist das schon hörbar. Das Thema Noisegate steht im Raum...
Cleankanal und Zerrkanal lassen sich natürlich per Fußschalter umschalten, dazu kommt ein regelbarer Booster. Das ist nett gedacht, hat aber so seine Tücken. Wenn man mit Kanalumschaltung und Booster arbeiten will, muss man einen Kompromiss mit der Boostregelung finden. Nach meinem Geschmack reagieren Cleankanal und Zerrkanal darauf unterschiedlich, was in einem Kanal schon zuviel ist, ist im anderen noch zuwenig.
Der digitale Hall ist unauffällig und nett, lässt sich nicht per Fuß schalten. Auf der Rückseite finden sich zwei weitere Kippschalter. Einmal Power-Level mit 100, 50 und 25%, dazu kommt ein Dampingschalter, der angeblich das Ansprechverhalten zwischen tight, medium und loose regelt. Beide Kippschalter haben erst einen hörbaren Einfluss, wenn man laut spielt – und ich meine so laut, dass mein Schlagzeuger mich fragte, ob ich denn völlig irre geworden sei. In banddienlicher Lautstärke ist es völlig egal, wo die Schalter stehen. (Einen Anschluss für eine Zusatzbox gibt es auch noch, der ist bislang unberührt.)
Der Amp ist im übrigen wirklich richtig laut. Beim Aufdrehen auf die Hälfte gab es – siehe oben – schon die gelbe Karte und ich bin sicher, dass da noch was geht, was ich aber ohne Gehörschutz lieber nicht probiere. Einen Effektweg gibt es natürlich auch, der funktioniert mit meinem Kram unauffällig.
Die Rückseite birgt noch eine Überraschung! Es gibt einen Direct Out und der ist richtig gut. Ich mag es sehr gern, wenn ich meinen Amp über so etwas an die P.A. Anschließen kann und neutral verstärkt klingt das exakt so wie aus dem Speaker. Hut ab, meine Damen und Herren von Peavey!
Fazit: Der Amp ist relativ leicht, scheint robust (dafür ist Peavey ja eh bekannt), sehr vielseitig, definitiv laut genug und klanglich absolut überzeugend. Wer hier seinen Sound nicht findet, dem kann eigentlich nicht mehr geholfen werden. Selbstverständlich gibt es klanglich bessere Geräte auf dem Markt, das ist keine Frage - zu diesem Preis aber absolut nicht.
Die klangliche Vielseitigkeit ist so ausgeprägt, dass die "digitalen Kollegen" dagegen auch keinen Mehrwert bieten. Dafür ist der Bandit aber erheblich einfacher zu bedienen und somit sehr viel bühnenfreundlicher.
Wer braucht da noch einen Modeler? Ich nicht.