Ein Review ist beim Preiskracher SP-5600 gar nicht so einfach. Worauf soll sich eine Bewertung beziehen? Auf den Knallerpreis oder auf die absolute QualitÀt?
Ich versuche hier einen Mittelweg zu gehen, lasse das Preis-Leistungs-VerhĂ€ltnis also auch nicht auĂer Acht.
Setzt man die reine Review-Brille eines Testers auf fĂ€llt einem auf, dass man fĂŒr diesen Preis kein High-End GerĂ€t erwarten darf. Die Tastatur hat ein recht starkes PlastikgefĂŒhl unter den Fingern und ist beim Spielen etwas laut, die einzelnen Tasten haben ein leichtes, horizontales Spiel (dafĂŒr aber einen "vollen" Hub Ă€hnlich wie bei einem echten Klavier) und sie spielt sich auch leicht "schwammig". FĂŒr mich fĂŒhlt es sich so an, als wĂ€re die Masse der Tasten an sich etwas zu gering und dass dies zum genannten, verbesserungswĂŒrdigen SpielgefĂŒhl fĂŒhrt. Die Bedienung des E-Pianos ist trotz Displays ebenfalls nicht sonderlich intuitiv und benötigt öfters beide HĂ€nde um Einstellungen vorzunehmen. Leider springt das AuswahlmenĂŒ auch immer nach kurzer Zeit wieder zurĂŒck. Ăberlegen, was man genau einstellen möchte sollte man dann also besser nicht mehr. Beispielsweise die EQ-Einstellungen durchzutesten oder die Taktart des Metronoms zu Ă€ndern wird so doch recht aufwĂ€ndig. Die Bedienungsanleitung könnte auch detaillierter sein, so richtig verstehe ich jedenfalls trotz Handbuchs nicht, wie genau man aufnimmt, löscht und wieder darĂŒber aufnimmt.
Allerdings: Spielt man einfach wird das alles gröĂtenteils irrelevant. Dann fĂ€llt auf, dass man auch fĂŒr diesen niedrigen Preis durchaus ein brauchbares E-Piano erhĂ€lt. Die Hammermechanik ist vorhanden und funktioniert in der Summe auch gut und ist in meinem Augen gar nicht so schwer gewichtet, ein Roland HP-603 oder FP-30 beispielsweise ist um einiges schwergĂ€ngiger. Das Piano bietet massig AnschlĂŒsse, die man in der Summe sonst normalerweise erst in der Klasse ab 1000€ findet und mit dem separaten HolzstĂ€nder gibt es einen tollen StĂ€nder samt Dreifachpedal ebenfalls zu einem Knallerpreis.
Zum Klang: Als reines E-Piano klingt es nur mittelmĂ€Ăig. Beim ersten Hören klingt es nicht wirklich schlecht, aber in den Details hört man doch immer wieder, dass man sich hier nicht in der Oberklasse befindet. Insgesamt klingt es eher wie ein E-Piano aus der Generation vor der aktuellen. Mit dem Klang kann man gut leben, vor allem, wenn man ihn nicht direkt mit besseren E-Pianos vergleicht. Tut man dies jedoch hört man sofort, dass er nur Durchschnitt ist. Insgesamt klingt es eben "nur" ok, leicht kĂŒnstlich, ohne besondere Tiefe und auch ohne besondere "Schönheit" oder "Emotion" im Klang. Vor allem im Ausklang hat das Piano SchwĂ€chen, hier klingen gehaltene Noten, meinem Eindruck nach, irgendwie leicht nach Orgel. Ebenso könnte die eigene Spieldynamik detaillierter wiedergegeben werden, auch hier gibt es leider nur MittelmaĂ. Ein Tipp: Auf jeden Fall sollte man die sechs EQ-Settings durchprobieren, diese wirken sich deutlich auf das Klangbild aus. Die LautstĂ€rke ist ok und die Lautsprecher sind sogar richtig gut, besser als bei so manchem Marken-Konkurrenten fĂŒr um die 600€. Wer fĂŒr sich alleine einen besseren Klang herausholen möchte kann ĂŒbrigens auch halboffene Kopfhörer tragen und die internen Lautsprecher aktiv lassen. So fand ich den Klang weitaus voller und schöner.
Mittlerweile habe ich mir ĂŒbrigens noch die Software Garritan CFX Concert Grand (auch hier bei Thoman fĂŒr momentan knapp 200? erhĂ€ltlich) gekauft, damit kann man die Klangerzeugung komplett einem PC oder Laptop lassen, dank der vielen Anschlussmöglichkeiten harmoniert das SP5600 perfekt mit so einer Lösung: Per USB an den Laptop und ĂŒber Klinke zurĂŒck in den Aux-In des Pianos (oder in gute Studio-Boxen, falls vorhanden). Die Aux-In LautstĂ€rke ist zwar nicht regelbar, aber zum GlĂŒck unabhĂ€ngig vom LautstĂ€rkeregler des Pianos. Die Klangerzeugung am PC (hier immerhin knapp 130GB an Samples) dĂŒrfte wohl so ziemlich jedem Stand-Alone E-Piano ĂŒberlegen sein. Wow, in so einer Kombination bietet das preiswerte SP5600 wirklich eine absolut beeindruckende Leistung. Und seltsam, da der Klang besser ist und sich so vor allem auch viel dynamischer spielen lĂ€sst wirkt auch die Tastatur gleich irgendwie besser. SpielgefĂŒhl und Klang bilden eben eine Einheit und beeinflussen einander.
Sehr praktisch und nĂŒtzlich finde ich das Display mit Notensystem, in dem die gerade gespielten Noten angezeigt werden. Das ist zur Lernkontrolle ein echtes Plus.
Die restlichen, extrem vielen Sounds benötige ich eigentlich nicht, habe sie also nur oberflĂ€chlich durchgeschaut. Viele finde ich gut, vor allem die doppelten Layer-Sounds. Bei den "kĂŒnstlicheren" Sounds, die sich nicht direkt mit der Königsklasse eines akustischen Klaviers messen mĂŒssen, schneidet das Thomann auch deutlich besser ab.
Ich habe es ĂŒbrigens fĂŒr mich einmal mit dem ebenfalls sehr beliebten Einsteiger-E-Piano Yamaha P115 verglichen, welches samt StĂ€nder und Dreifachpedal etwas weniger als das Doppelte des SD-5600 kostet. Die Tastatur des Yamaha macht einen spĂŒrbar höherwertigeren und strafferen Eindruck und fĂŒhlt sich auch weniger nach Plastik an, hat allerdings einen etwas geringeren Hub, was sich zumindest im Vergleich erst einmal etwas seltsam spielt. Wer nur das Yamaha alleine spielt dĂŒrfte sich daran aber schnell gewöhnen. Auch hat das Yamaha eine hör- und beim Spielen spĂŒrbar bessere Dynamikwiedergabe. Der Klang ist hörbar detaillierter und deutlich "emotionsreicher". Das Thomann punktet hingegen mit stĂ€rkeren Lautsprechern (vor allem im Bass-Bereich kommt hier einfach "mehr" raus), dem vollen Hub, dem Display und den vielen weiteren Funktionen. FĂŒrs reine Klavierspielen, eventuell nur mit Kopfhörer oder mit Zusatzboxen, liegt das Yamaha vorne, aber auch im direkten Vergleich bleibt das Thoman ein brauchbares E-Piano. Und dabei habe ich noch nicht einmal die Preisdifferenz mitbewertet.
In der Summe gebe ich dem GerĂ€t also auch in Anbetracht des Preises volle 5 Sterne. Einsteiger können mit dem GerĂ€t gut die ersten Schritte (was nicht heiĂt, dass man nicht auch lĂ€nger damit zufrieden sein kann) in die Piano-Welt gehen, aber auch als transportables GerĂ€t mit vielen AnschlĂŒssen und Funktionen kann es punkten. Feiner, nuancenreicher und dynamischer zu spielen fĂ€llt mir auf besseren Pianos allerdings deutlich leichter (oder man rĂŒstet das SP5600 wie oben beschrieben mittels Computer auf). Bei mir bleibt das Sp5600 jedenfalls als zweites E-Piano stehen.