Ja doch, eine wirklich schöne Gitarre hat Ibanez da unter Anleitung von Shredder-Queen Nita Strauss zusammengedengelt - für meine persönlichen Verhältnisse schon eine ziemliche Traumgitarre - hab seit ihrer Ankunft vor ein paar Wochen nix anderes mehr gespielt, und das sehe ich mal als gutes Zeichen. :D
Optik / Verarbeitung:
In einem Wort: Sexy! Der schlanke, schön geschnitzte Ibanez-S-Body ist eine Klasse für sich - ästhetisch wie ergonomisch erste Sahne! Gitarre insgesamt perfekt ausbalanciert und angenehm leicht, man merkt im Sitzen kaum, dass sie da ist, und auch am Gurt sehr bequem. Verarbeitung ist definitiv Oberklasse - 99,5% vom Feinsten! (zu den 0,5% komme ich dann gleich noch... ^^) Beispiel Halstasche: Die wurde wirklich auf den Zehntelmillimeter genau gefräst, da passt kein Haar mehr dazwischen! Schön gemasertes Griffbrett mit absolut sauberer Bundierung, die schicken und originellen Inlays, das makellose Finish, die filigranen Bindings rundum - man sieht recht schnell, wie der Preis zustande kommt. Dazu die hochklassige Hardware - die Tuner laufen weich und präzise, auch das Edge Zero II fühlt sich wertig an und ist aus dem Stand absolut stimmstabil.
Handling:
Ebenfalls Oberklasse, wie man es von so einem Profi-Instrument auch erwarten würde. Der Hals: Rennstrecke! Recht dünn und ergonomisch, und dank großem Radius und gutem Zugang bis in die obersten Bünde durch alle Lagen hervorragend bespielbar. An das rohe Holzfeeling der komplett unbehandelten Halsrückseite gewöhnt man sich ebenfalls sehr schnell - ich empfinde es sogar als sehr angenehm, bin kein allzu großer Fan von lackierten Hälsen.
Zwar musste ich nach ca. 2 Wochen Einspiel- und Akklimatisierungszeit das Setup etwas nachjustieren (Tremolo, Halskrümmung, Intonation), aber das finde ich bei einer fabrikneuen Gitarre, die zuvor einmal um den halben Planeten gekarrt wurde, nicht unbedingt ungewöhnlich. Gehört für mich zum Einspielprozess dazu und war dank hochwertiger Komponenten auch problemlos und zügig erledigt. Bemerkenswert allerdings, wie gut sie sich direkt nach dem Auspacken generell erstmal geschlagen hat und dass ich sie auch jetzt, nach fast 4 Wochen, noch immer problemlos mit den Werkssaiten spielen kann - das hat bei mir noch keine andere neue Gitarre geschafft.
Die Saitenlage ist eher konservativ eingestellt - da wäre wohl noch Luft nach unten, falls man damit experimentieren möchte - aber dafür schnarrt auch absolut nichts und sie ist (korrekte Tremolo-Justage vorausgesetzt) auch mit dem Werkssetup bereits super bespielbar und sehr shred-freundlich!
[Update nach ein paar Monaten Gebrauch: Ja, immer noch eine schöne Gitarre... aber bzgl. Setup empfindlich wie ein Rennpferd. Nach dem ersten Saitenwechsel musste ich trotz exakt gleicher Saitenstärke (sofern man sich auf die Werksangabe verlassen kann) das komplette Setup inkl. Oktave nochmal neu machen, die Balance zwischen Halskrümmung, Tremolo-Zug und Saitenlage ist wirklich delikat, es hat mich ein paar Stunden Einstellarbeit gekostet, um hier den Sweetspot zu finden. Und sie braucht zumindest bei meinem Exemplar einen sehr gerade eingestellten Hals, mit erkennbarem Bow fängt sie recht schnell in fast allen Lagen an zu schnarren, es sei denn, man nimmt eine extrem hohe Saitenlage in Kauf... soll heißen: Sie braucht als echte Diva schon einiges an Aufmerksamkeit und ist in dieser Hinsicht definitiv keine Anfänger-Gitarre und auch vllt eher nix für Leute, die ungern selber an ihrem Instrument schrauben. Sie braucht wie jedes gute Rennpferd schon einen halbwegs erfahrenen Jockey, um das Optimum aus ihr rauszuholen... ^^]
Klang:
Überraschend vielfältig - die Pandemonium-Humbucker machen einen wirklich guten Job und liefern amtliche Hardrock- bis Metal-Sounds, ohne zu sehr zu matschen oder zu brizzeln - Steg-Pickup sehr bissig, kräftiger Attack, schöne, runde High-Gain-Sounds mit gesunden Mitten, perfekt für präzise, brachiale Power-Chords etc. Hals-PU singt erwartungsgemäß etwas voller, mit angenehm wenig Mulm, schön für sahnigere Lead-Sounds oder durchaus wohlklingende Blues-Ausflüge. Der True Velvet in der Mitte klingt ganz allein naturgemäß etwas dünn, im Zusammenspiel mit einer der Humbucker-Spulen (Schalter-Position 2 und 4) lassen sich dann allerding sehr interessante Voicings abrufen, die den Klang v.a. bei Power-Chords oder angezerrtem Akkord-Spiel etwas luftiger und transparenter machen.
Im Clean-Bereich lassen sich v.a. mit der Kombi True-Velvet plus Hals-Pickup sehr schöne Klänge basteln, allerdings empfiehlt es sich, den Volume-Poti dann etwas zu drosseln, da sonst selbst gutmütige Amps schnell ins Crunchen geraten bzw. die Mitten etwas aufdringlich werden können (ich mag es halt clean eher etwas Hifi-artiger). Bin insgesamt positiv überrascht, was sich tonal aus dem Biest alles rausholen lässt, eingedenk der Tatsache, dass sie erstmal "nur" eine moderne Hardrock-Gitarre sein soll...
Zu guter Letzt die kleinen 0,5% Schandflecken:
Erstens: Die Elektronikfach-Abdeckung - ein viel zu dickes Stück Plastik, mit schlecht gesetzten - eine dreht mehr oder weniger ins Leere - und teils schief eingedrehten Schrauben lieblos über die Öffnung geklatscht - verglichen mit dem sonstigen luxuriösen Gesamteindruck wirkt das schäbig. Die Tremolofach-Abdeckung ist nicht ganz so schlimm, aber auch hier hätte für mein Empfinden sorgfältiger gearbeitet werden können. Zum Glück alles auf der Rückseite, die man i.d.R. nicht allzu oft genauer betrachtet...
Zweiter kleiner Meckerpunkt: das wackelige Volume-Poti - selbst nachdem ich die Halteschrauben bei beiden Potis nachgezogen habe (weil sie sich quasi in ihren Löchern mitdrehten), ist zwar der Tone-Poti (den ich ohnehin nie benutze) angenehm stramm, der Volume hingegen eiert weiter recht wackelig herum und ist selbst unter Komfortgesichtspunkten (Bedienung mit dem kleinen Finger) für meinen Geschmack etwas *zu* leichtgängig... mal sehen, ob da evtl. irgendwann mal ein Austausch fällig wird?
Dritter Minimalst-Punkt: Einige Bünde hätte man ruhig noch etwas gründlicher polieren können, mitunter scheuert es bei Bendings noch spürbar. Ist zwar ein minimales Luxus-Problem, das sich recht schnell durch Zeitablauf von selbst erledigt, fällt aber ebenfalls ein bissl aus dem allgemein angepeilten "Premium-Rahmen". (Vielleicht wollte man auch einfach noch ein bissl Abstand lassen zur fast 3x so teuren Luxus-Ausführung Jiva X mit sog. "Prestige Fret Treatment"...?)
Honorable Mention:
Der unfreiwillige integrierte "Spring Reverb" - noch bei keiner anderen Floyd-Rose-Gitarre hatte ich so massives Federklirren, das sich v.a. bei High-Gain bei praktisch jedem Saitenanschlag bemerkbar macht (ich dachte erst, eine meiner Amp-Röhren wäre defekt... o_O). Zwar lässt sich das zum Glück auf denkbar einfache Weise beheben, indem man ein paar kleine Stoffstreifen unter/zwischen die Federn stopft, aber warum in dieser Preisklasse nicht einfach schon ab Werk Noiseless Federn verbaut wurden, wissen wohl nur die Erbsenzähler in der Ibanez-Buchhaltung... ^^
Fazit:
Eine wirklich rundum schöne, qualitativ hochwertige Gitarre, die für Profi-Anforderungen gebaut wurde und dem - so weit ich als Amateur das beurteilen kann ^^ - auch gerecht wird. Optisch ein Hingucker, super bespielbar, klanglich vielseitig, erstklassig verarbeitet. Eine solide, präzise Konstruktion und hochwertige Hardware lassen wenig zu wünschen übrig. Dass Nita selbst exakt diese Gitarre seit Jahren praktisch täglich auf der Bühne spielt, spricht wohl bereits für sich. Bei mir ist sie aus dem Stand quasi zur Hauptgitarre geworden - und das bei nicht zu verachtender Konkurrenz (Solar/Jackson)! Wer also mit ihr liebäugelt: Unbedingte Ausprobier-Empfehlung! Solange sie noch gebaut wird... ;)