Diese Bewertung schreibe ich sowohl für den Empfänger als auch für den Handsender:
Seit 10 Jahren benutze ich die eW100 G3-Serie mit 945er Kapsel im 1G8-Band - jetzt nennt es Sennheiser Y 1-3.
4 Handsender, 4 Empfänger, Antennen-Split, der die Empfänger mit Strom versorgt und die kleinen Richtpaddel-Antennen sind ein semi-professionelles Rundum-Sorglos-Paket.
Seit 10 Jahren keine Ausfälle, Störungen oder irgendwas zu meckern.
Vor zwei Jahren kam eine 965er Kapsel für meine Sängerin dazu. Sie selbst benutzte vorher immer "nur" das kabelgebundene e945. Aber das 965 ist eine andere Welt - gerade jetzt, wo wir über In Ear spielen. Also war ich auf der Suche nach einem neuen Funksystem für meine Sängerin, da ich mein Rundum-Sorglos-Rack schonmal woanders brauche.
Den Vergleich zwischen analoger und digitaler Funkstrecke konnte ich oft ziehen - egal, ob der Hersteller Shure, Sony oder Audio-Technica heißt. Aber diese Strecken spielen kostentechnisch in einer anderen Liga.
Als Theatertontechniker arbeite ich hauptsächlich mit Sony-Strecken.
Diese haben Gewinde und Anschlüsse für Shure- und artverwandte Kapseln. Audio-Technica bleibt sich eher selbst treu. Also nichts für (m)eine Sennheiser-Kapseln.
Ich hatte noch im Hinterkopf, dass Sennheiser irgendwann mal digital was mit 2.4 GHz in dem Preissegment hatte - etwas, das ich mir schon vor 10 Jahren abgewöhnte. Das denkbar schlechteste Frequenzband für Ton- und Veranstaltungstechnik. Ich könnte da Storys erzählen...
Mit dem Blick in den Thomann Onlineshop die Erkenntnis:
Oh, Sennheiser hat "neue" digitale Strecken! Naja, seit 2 bis 3 Jahren auf dem Markt - je nach Frequenzband.
Damit war das eW100 G4 oder das eW500 aus dem Spiel (und aus dem Kopf).
Schließlich noch die Frage, ob es das "einfache" ew-D-System oder das etwas besser ausgestattete ew-DX-System werden soll. Da ich ja nur EINEN Sender und EINEN Empfänger haben wollte, entschied ich mich schließlich - auch aus pragmatischen Preisgründen für das ew-D-System.
Weiterhin war ich auf der Suche nach einem Set im 1.8 GHz-Band. Schließlich habe ich dafür schon die Richtantennen und 10 Jahre sehr guter Erfahrungen.
Das Set gibt es bisher nur mit Kapsel. In anderen Frequenzbändern gibt es die auch ohne Kapsel.
Also habe ich den Empfänger und den Sender jeweils extra bestellt. Kostet zwar 30 Euro mehr als ein kapselloses Set, aber immer noch weniger als ein Set mit einer 835er Kapsel, die dann schließlich nur rumliegt.
Das gnadenlos überteuerte Frontantennen-Umbau-Kit hatte ich gleich mitbestellt. Zum Glück sind jetzt wenigstens die Rack-Einbau-Teile gleich dabei. Eine Sache, die mich schon beim Sennheiser IEM-G4-Set positiv überrascht hatte. Konnte man vor 10 Jahren nur von träumen.
Ich hatte bei Online-Tests schon mitbekommen, dass Sennheiser jetzt bei der Verpackung vollständig auf Kunststoffe verzichtet. Beim Kauf der Einzelkomponenten ist selbst die Außenverpackung unbedruckt. Danke, Sennheiser! Vorbildlich!
Ich hatte mich im Vorfeld schon mit der Benutzung der Steuerungs-App beschäftigt und sie auf meinem Smartphone installiert.
Auspacken, Strom an den Empfänger, Batterien in den Sender (im Gegensatz zur eW100 G3 sind die Batterien jetzt wieder mit dem Pluspol "verdreht" einzulegen), Kapsel drauf, anschalten: spielt!
Sync-Button drücken, mit der App verbinden, Firmware-Update des Senders, sehr schneller Frequenzscan, Frequenz bleibt gleich, spielt!
Mal ein wenig mit den Ein- und Ausgangspegeln rumexperimentiert - super! AAABER: Hier zeigt der für den Sender eingestellte Wert den Plus-Bereich an. Höherer dB-Wert = mehr Dampf! Bei der analogen Strecke bedeutete das noch den Wert der Absenkung.
Aber die von Werk aus voreingestellten Werte waren schon praxisorientiert (Sender +21 dB, Empfänger +6 dB Output). Die Werte werden sich bei meiner Sängerin zumindest Sender-seitig massiv minimieren. ;-)
Als nächstes der teilweise kritisierte Mute-Schalter. Bei mir nichts zu meckern: Geräuschlos schaltet er das Signal weg und zu - ich hatte den Eindruck, als wenn das sogar mit einem kleinen Fade-out und Fade-In passiert. Deaktiviert tut er so, als wäre er gar nicht da. Lungert still und ohne Mucks oder Veränderung des Signals unterhalb der Kapsel rum.
Reichweite: Der Empfänger stand im Großen Haus des Theaters in einer Ecke auf dem Rack der Stagebox, Endstufen und 32-A-Stromverteiler, umgeben von Trockenbau, Stahlbeton und Metallflächen, die die Gegengewichte des Bühnentores beherbergen. Ich am FOH in 30 Metern Entfernung.
Egal, ob ich die Antenne zuhielt und mich sitzend umdrehte, so dass das Signal meinen Körper und die DiGiCo SD 12 passieren musste - störungsfreie Übertragung! Wow!
Ich glaube, ich muss mal den Freifeld-Test mit den Paddeln im Vergleich zu den eW100 machen. Könnte ein langer Spaziergang werden.
Klang: Der Sennheiser-Sender sollte gleich bei seinem ersten Einsatz als Moderations- und Spiel-Mikro für einen Comedian dienen. Er wollte eine Funke mit Mute-Schalter, dass er spontaner moderieren kann, ohne dass ich verpenne, seinen Kanal am Pult wieder zu öffnen. Die anderen Kollegen Comedians bekamen die besagten Sony-Sender mit DPA bzw. Shure KSM9. Der direkte Vergleich bei gleich eingestelltem EQ an der DiGiCo brachte nur marginale Unterschiede. Sennheiser klingt eben schmeichelnd, die DPA hatte dagegen fast was nasales und unsere fast schon abgerockten KSM9 sind und bleiben Kratzbürsten. Irgendein Mangel im Klang aufgrund der Funkstrecke oder irgendwelche Kompander-Geräusche sind (eben auch mangels Kompander) nicht zu vernehmen. Dabei ist die Signalübergabe der Sennheiser analog, während die Sony digital via AES ins System spielt.
Einfach traumhaft! Der direkte Klangvergleich mit der eW100 steht noch aus - aber ich erwarte schon massive Unterschiede. Das kommt noch als Nachtrag.
Negatives: Naja, eine alternative Anbindung an die Sennheiser-Steuersoftware via Netzwerk wäre schön gewesen. Aber das kann halt nur die ew-DX, und die kostet als Doppelset gleich mal gut das Dreifache.
Kopfhöreranschluss? Brauch' ich nicht...