Ban­d­in­ter­view: Alina und Chris

17.09.2015
Musikvideo und Interview mit Alina und Chris

Interview

Wie kam es zur großen Liebe mit der Konzertgitarre? (Und nicht Western-Gitarre, E-Gitarre, Bass-Gitarre, Banjo, Ukulele, etc.? ;-)

ALINA: Bei mir war es ziemlich unspektakulär. Eines Tages gab es einen ?Tag der offenen Tür? an der Musikschule, wo meine Mutti als Klavierlehrerin gearbeitet hat. Ich durfte alle Instrumente ausprobieren und entschied mich für die akustische Gitarre. Warum kann ich nicht genau sagen. Vermutlich auch wegen dem Klang der Gitarre und der netten Atmosphäre bei der Gitarrenlehrerin.

CHRIS: Ich denke, bei mir war es mein erster Gitarrenlehrer Falk Zenker, der meine Leidenschaft für die Nylonsaitengitarre weckte. Aber die Liebe zum Instrument ist für mich eigentlich ein stetiger Prozess, der bis heute anhält und darüber hinaus geht.


Ihr habt euch 2014 in Dresden gegründet. Wie habt ihr euch gefunden und was hat den Ausschlag gegeben, nun auch als Duo ins Licht der musikalischen Welt zu treten?

ALINA: Gefunden haben wir uns in Dresden durch die Hochschule für Musik. Ich habe damals noch nicht studiert, habe aber von Chris gehört und seine YouTube-Videos gesehen. Ich war total begeistert und wollte ihn unbedingt treffen. Wir haben uns auf anhieb verstanden. Nach ungefähr zwei Jahren haben wir uns wieder getroffen, als ich die Überlegung hatte in Dresden zu studieren und hierher zog. Wir haben uns eine zeitlang ?gitarristisch? ausgetauscht, viel zusammengespielt und erst mit der Zeit kam die Idee mit dem Projekt.


Was man bisher von euch sieht (und hört, z.B. auch in eurem Soundcloud-Profil) ist rein instrumental. Wird das so bleiben? Oder spürt ihr ein Jahr nach der Gründung, dass sich bei aller kompositorischer Finesse eine Singstimme in euch erhebt, anfängt zu schwingen und ihren Ausdruck sucht?

ALINA & CHRIS: Das ist schwer zu sagen. Zum einen merken wir immer wieder, wie sehr eine Stimme fesseln kann und wissen auch, dass durch Gesang ein größeres Publikum erreicht werden könnte. Zum anderen lieben wir einfach das rein Instrumentale, da genau das unsere Sprache ist, mit der wir uns ausdrücken können. Wir singen zwar beide sehr gern, können aber unsere Gefühle und das, was wir nach außen tragen wollen, doch eher durch die Gitarre zum Ausdruck bringen. Also selber singen, werden wir höchstwahrscheinlich nicht, aber die Idee mit einem Sänger(in) zusammenzuarbeiten, könnte uns schon gefallen.


In wie weit wäre die ?Vokalisierung? eurer Musik überhaupt machbar? Verrat einer Grundidee, Schritt zurück oder doch die logische Konsequenz?

CHRIS: Nein, kein Verrat einer Grundidee. Wir sind ja nicht verbohrt oder so was. Immer offen für alles und bereit unseren Horizont zu erweitern. Einige Stücke bieten sich sogar an. ?Prinzceska? ist beispielsweise ein Song, den ich für ein anderes Projekt mal komponiert hab und für das Duo nur umarrangierte Andere Kompositionen wiederum bieten sich natürlich nicht so an, weil sie in ihrer Komplexität und ihrer Aussagekraft einfach so gut sind, wie sie sind. Falls es tatsächlich dazu käme, mit einem Sänger zusammenzuarbeiten, wäre es dann doch spannender, wenn man gemeinsam neue Ideen entwickelt. Es ist fraglich, ob es dann nicht schon wieder ein neues Projekt werden könnte, denn als ?Alina & Chris? aufzutreten, obwohl wir dann zu dritt wären, funktioniert ja gar nicht.


Im ?Seiltänzer (Ropedancer)? sehen wir euch auf den sommerabendlichen Dächern (von Dresden?) in stimmungsvollen Bildern euren Song spielen. Wie kam es zu dieser Komposition? Und mit wem habt ihr den Videoclip realisiert?

ALINA: Bei der Komposition war es tatsächlich so, dass sie Chris für unser Duo komponiert hat. Den Videoclip haben wir in Dresden-Neustadt mit unserem guten Freund Thomas gedreht, der hier eigentlich eher als György de Val bekannt ist. Er ist ein großartiger DJ, macht Workshops und dreht Videos. Wir sind wirklich sehr froh ihn zu haben. Er ist super entspannt und deswegen ist es sehr schön, mit ihm zusammenzuarbeiten.

CHRIS: Das Stück ist ist die erste Komposition unseres Duos und deshalb fanden wir den Titel auch so passend. Der Seiltänzer, der auf einem zwischen zwei Hochhäusern gespanntem Seil, hin und her balanciert. Eine sehr riskante und fragile Situation. Er muss sehr mutig sein und auf sich selbst und seine Kunst vertrauen. Ähnlich ist es ja auch bei so einem neuen Projektstart. Und in Anbetracht des Titels und unserer Möglichkeiten, war es dann auch nicht so schwer, eine gut umsetzbare Idee für das Video zu eruieren und es letztendlich auf dem Dach über dem ?Ostpol? aufzunehmen.


Wie komponiert das Duo ALINA & CHRIS? Wird improvisiert und mitgeschnitten und daraus später eine Transkription ins Notenbild geleistet? Oder entwickelt man sogar die ein oder andere Sequenz für zwei Gitarren direkt auf?s (Noten)Blatt, bevor man sie mit dem realen Spiel zum Leben erweckt?

ALINA & CHRIS: Es ist doch sehr unterschiedlich. Einige Stücke sind aus anderen Projekten (Solo- und Trio-Formationen) übernommen und für das Duo von uns umarrangiert. Diese sind dann auch komplett auskomponiert und notiert, wie z.B. ?Two Face?, ?Spinnenreiter? oder ?Manege?. Andere wiederum sind im Arbeitsprozess entstanden durch jammen und ausprobieren. Aber mitgeschnitten haben wir solche Sessions eigentlich noch nicht. Manchmal bringt einer von uns beiden einfach eine Idee mit und wir schauen, was wir daraus machen können. So ist z.B. ?Tagträumer? oder ?Neapolitaner? entstanden.


Chris, du hast Musikhochschulen und Meisterklassen besucht und absolviert, du hast Preise gewonnen und internationale Erfahrungen gesammelt. Nebenbei dozierst du, schreibst Notenkompendien zu deinen musikalischen Studien und brillierst als Solokünstler, Duo und Jazzrock-Trio. Was treibt dich an? Gibt es eine Quelle, aus der all diese Pfade gespeist werden?

CHRIS: Naja, am Ende geht es doch immer um Selbstverwirklichung und ich kann mir gut vorstellen, dass mich das auch irgendwie antreibt.


Welche Projekte und Ideen willst du noch entwickeln (die vielleicht bisher nur auf den Papier stehen)?

CHRIS: Ich hab in diesem Sommer ein paar Songs von den ?Beatles? für Sologitarre arrangiert. Die Idee ist jetzt, die ganzen Arrangements aufzuschreiben und in einem Kompendium zu veröffentlichen. Der Schwierigkeitsgrad ist nicht so hoch und könnte somit für einige Gitarristen interessant sein. Es soll mit Tabulatur und CD veröffentlicht werden.


Stehen für Solo, Duo und Trio jeweils andere internationale Künstler möglicherweise Pate? Oders anders gefragt: gibt es Vorbilder für die Entwicklung oder Orientierung des eigenen Sounds? Al Di Meola, Biréli Lagrène, Paco de Lucia oder auch Return To Forever?

ALINA & CHRIS: Es gibt viele Künstler, die uns beeinflussen. In erster Linie muss man aber sagen, dass wir gar nicht so viel versuchen, uns an irgendwem zu orientieren. Wir sind der Meinung, dass für die Inspiration wichtig ist, viel zu erleben. Manchmal auch komplett wegzuschalten, Menschen zu treffen, die einem wichtig sind, auch es mal eine Nacht krachen zu lassen, um dann wieder loslegen zu können. Zusammen hören wir Musik eigentlich fast nur im Auto, wenn wir unterwegs zum Gig sind. Zum Glück müssen wir uns nie wegen der Musikauswahl streiten. Unserer Musikgeschmack ist erschreckend ähnlich. Von lateinamerikanischer Musik, Yamandu Costa, Assad Brüder bis psychedelischem Mathrock wie The Mars Volta oder minimalistischer Singer/Songwriter Musik wie Kings of Convenience, Ben Howard ist alles dabei. Jazz hören wir auch sehr gern (Pat Metheny, Chet Baker), kubanische Musik. Und natürlich tanzen wir gern zu Drum?n?Bass und Dubstep. Wie du siehst, ist es sehr bunt gemischt.


Wie sehen Alinas Helden und Heldinnen der sechs Saiten aus? Welche Künstler nehmen eine Vorbildfunktion für dich ein? Wer war das musikalische Licht der Orientierung für dich?

ALINA: Zu meinem musikalischen Licht der Orientierung gehört definitiv die Musikhochschule in Dresden wegen den großartigen Musikern, die mit mir zusammen studieren und meine Dozenten. Das beeinflusst einen ungemein, ob man das will oder nicht. Gitarristen, die ich großartig finde, sind die Assad Brüder, Baden Powell, Yamandu Costa, Cache Tirao, Pat Metheny, Biréli Lagrène, Thomas Fellow, Stephan Bormann, David Sick und natürlich Christian Buchmann. Aber vor allem finde ich Gitarristen aus Rock-Math-Szene großartig wie Omar Rodriguez Lopez (The Mars Volta).


Wie viel Zeit für Übung und Spiel muss man täglich/wöchentlich investieren, um mit seinem Instrument, das professionelle Niveau zu halten? Hat man irgendwann das Gefühl, dass man alles aus der Gitarre ?rausgeholt? hat, dass man sie komplett beherrscht?

CHRIS: Nein, das Gefühl, alles ?rausgeholt? zu haben, hat man nie. Vielleicht bei sich selbst, für den Moment, aber bei dem Instrument scheint es schier unerschöpflich. Das kann für einige auch frustrierend sein, in unserem Falle ist es aber sehr motivierend. Man hat schon irgendwann das Gefühl, dass man das Instrument beherrscht und das fühlt sich auch gut an, aber ?komplett? - so etwas gibt es nicht. Das Niveau zu halten ist vielleicht gar nicht so das Problem, weil es auch nicht darum geht. Ich übe, um mich weiterzuentwickeln. Und das kann so viel Zeit und Energie in Anspruch nehmen, wie ich sie zur Verfügung habe.


In welche Richtung wollt ihr die Zukunft eures Projektes weiter entwickeln? Mehr Tracks, ein Album, Konzerte?

ALINA & CHRIS: Wir wollen Anfang nächsten Jahres eine CD aufnehmen und sind gerade dabei, die ganze Sache zu realisieren. Natürlich viele Konzerte, wir sind auch schon ordentlich am booken, das ist aber manchmal eben nicht so einfach. Vielleicht ist die Idee mit einem Sänger gar nicht so verkehrt, aber erstmal die rein instrumentale Duo-CD.


Auf diese drei Alben lasst ihr nichts kommen, denn sie sind für euch perfekt:

ALINA & CHRIS: ?Every Kingdom? - Ben Howard, ?Betlehem of Goliath? oder ?De-loused in the Comatorium? - Mars Volta,
?Assad plays Piazzolla? - Assad Brothers.


LINK: c-tube Profil von ALINA & CHRIS

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