Der Behringer Pro-VS Mini ist eine Hommage an den Sequential Prophet VS aus dem Jahr 1986 – ein legendärer Synthesizer, der mit seiner damals neuartigen Vektor-Synthese und digital gespeicherten Wellenformen neue klangliche Horizonte eröffnete. Das Original verband vier Oszillatoren, die über einen Joystick stufenlos gemorpht werden konnten – eine Art früher „Morph-Synth“, der bis heute seine Fans hat. Und das hat seinen Preis: Ein Prophet VS in gutem Zustand liegt mittlerweile oft bei über 5000 € – sofern man überhaupt noch einen findet. Dagegen wirken die aktuell unter 100 € (zum Testzeitpunkt), die Behringer für seinen Mini-Vektor-Synth aufruft, fast grotesk lächerlich – zumindest, wenn man den Klang betrachtet.
Denn was der Pro-VS Mini klanglich leistet, ist tatsächlich erstaunlich. Mit ein bisschen MIDI-Feinfühligkeit, einem guten Editor und einem externen Keyboard lässt sich dem kleinen Gerät ein Sound entlocken, der nicht nur inspiriert, sondern auch überraschend nah ans Original herankommt. Lebendige Pads, räumliche Texturen, glockige Leads – das klingt alles nicht nach Spielzeug, sondern nach ernstzunehmendem Instrument. Und ja: In puncto Soundqualität lässt der Pro-VS Mini so manches Plugin deutlich hinter sich. Da steckt echte DSP-Kompetenz drin.
Das Problem ist nur: Die Bedienung am Gerät selbst ist eine echte Geduldsprobe. Der Mini-Joystick wirkt wie aus der Wühlkiste und ist als zentrales Bedienelement schlicht eine Enttäuschung – unpräzise, schwabbelig und dem Konzept „Vektorsynthese“ eigentlich unwürdig. Dazu kommt eine wenig intuitive Menüführung, die ohne offiziellen Software-Editor schnell zum Flow-Killer wird. Synthtribe funktioniert zwar prinzipiell, zickt aber im Multi-Device-Setup – etwa, wenn parallel eine TD-3-MO per USB verbunden ist. Sobald diese ausgeschaltet wird, funktioniert die Verbindung mit dem Pro-VS Mini wieder – ein möglicher Firmware-Bug, der auf Dauer einfach nur nervt.
Auch beim Thema Speicherplätze wurde an der falschen Stelle gespart. 32 Presets wirken 2025 fast schon nostalgisch, aber nicht im charmanten Sinne. Selbst bei einem günstigen Gerät hätte eine dreistellige Zahl an Speicherplätzen keinen Unterschied in der Produktionskosten gemacht – aber einen erheblichen im Alltag. Ebenso vermisst man einen Groundloop-Isolator im Gerät, was bei der Nutzung mit günstigem USB-Netzteil schnell zu Brummen führen kann. Da bleibt einem nur die Investition in ein besseres Netzteil oder externen Eliminator – schade, dass man diesen Punkt nicht gleich im Gerät gelöst hat und dafür 20 EUR mehr verlangt (das zahlt man am Ende meist ohnehin mindestens noch drauf).
Kurz gesagt: Der Pro-VS Mini ist ein Klangriese in Zwergenverkleidung. Wer ihn als reines Soundmodul über MIDI mit externem Editor nutzt, bekommt richtig was geboten. Wer ihn hingegen standalone und am Gerät bedienen will, braucht starke Nerven – oder besser: eine gute Portion Geduld, spitze Finger und externe Hilfsmittel. Dann aber liefert der Kleine groß ab – und bringt ein Stück Synth-Geschichte in die Jetztzeit.
Vorteile
+ Sehr guter, druckvoller und authentischer Klang
+ Nahe an der Klangästhetik des Prophet VS
+ Kompakter Formfaktor mit vollem Vektor-Sound
+ Deutlich überlegen gegenüber vielen Software-Emulationen
+ Sequencer als Bonus nutzbar
+ Extrem günstiger Preis im Verhältnis zum Original (unter 100 € vs. über 5000 €)
Gut zu wissen
- Unpräziser, unergonomischer Joystick
- Schwache Bedienung ohne Editor
- Nur 32 Speicherplätze – viel zu wenig
- Kein Groundloop-Isolator integriert
- Kompatibilitätsprobleme mit Synthtribe bei USB-Multi-Setup
- Werks-Presets sind (subjektiv) ausgesprochen langweilig