H i n t e r g r u n d :
Ich nutze schon lange unverzerrte Fender-style Verstärkersimulationen als Pedal-Plattformen. Bisher war der Harley Benton American Sound und gelegentlich das Tech21 Fly Rig mein Main "Amp" für Live-Gigs, eingebettet in mein Pedalboard. Davor habe ich auch richtige Verstärker als Pedal-Plattformen genutzt, wie den Marshall 1962 Bluesbreaker Combo, den Roland JC120 Jazz Chorus oder den Hughes&Kettner Puretone. Inzwischen ist nur noch der Puretone für gelegentliche Ohren-Wellness, als G.A.S.-Blockierer und Referenz-Amp übrig geblieben.
C o m b o D e l u x e 6 5 i m V e r g l e i c h :
Die zwei Vergleiche, die sich geradezu aufdrängen sind der HB American Sound und natürlich das/der UAFX Dream 65. Letzteren habe ich von einem Freund ausgeborgt. Für den Test habe ich das Firmware-Update beim Combo Deluxe gemacht (Empfehlung!). Ein direkter Vergleich mittels AB-Schalter steht noch aus, aber nachdem ich alle drei angespielt habe, ist mein erster Eindruck folgender:
Im Vergleich zum American Sound (und zum Fly Rig) klang der Combo Deluxe etwas "lebensechter" und "frischer", aber die zwei Genannten sind trotzdem toll und bleiben vorerst im Arsenal.
Das/der Dream 65 klang mit GB25, als unmodifizierter Stock-Verstärker und mit allen Reglern in 12-Uhr-Stellung erstmal ausgeglichener als der Combo Deluxe. Aber nach etwas schrauben an der Klangregelung des Combo Deluxe konnte ich mich gut diesem Klang nähern - soweit das ohne AB-Schalter eben möglich ist. Und der Hall ist bei beiden toll. Die Verzerrung habe ich nicht weiter verglichen, weil ich dafür meine Pedale habe - momentan mein "good old trusty" Fulltone Full-Drive 2. Hinderlich beim Vergleich war auch, dass der Dream 65 im Preset-Mode war und nicht in den Bypass geschaltet werden konnte. Da ich nicht extra die App vom Dream 65 runterladen wollte, um das zu ändern, musste ich das Pedal zum Vergleichen immer komplett aus der Kette ausbauen. Aber insgesamt ist mein Eindruck, dass man den Unterschied mehr sieht als hört. Josh Scott von JHS würde sich wahrscheinlich einen Spaß draus machen und in einem Youtube-Video scheinbar in den Dream einstöpseln, während er in Wirklichkeit den Combo Deluxe spielt. Und nachdem alle "Oh" und "Ah" in den Kommentaren gesagt haben, würde er im nächsten Video auflösen.
S p e c s P r o u n d C o n t r a :
Ich beschränke mich mal im Weiteren nur auf Dream 65 vs Combo Deluxe 65, weil sie am ähnlichsten sind.
Dream 65:
+ authentischere Bedienelemente
+ interessante Mod-Optionen (nicht ausprobiert)
+ verschiedene Lautsprecher-Simulationen
+ Tremolo!
+ Stereo (da könnte man wahrscheinlich auch in Dual-Mono mit 2 Gitarristen drüber spielen)
- kein Kopfhörerausgang
- kein XLR-Ausgang
- Bedienung teils recht komplex & einige Features nur über extra App einstellbar
- das Pedal braucht 400mA! Das liefert nicht jedes Multinetzteil!
Combo Deluxe 65:
+ auch praxisnahe Mods: extra Mittenregler, Tone-Regler für den Hall und Bright-Schalter (wobei der Letztgenannte sehr dezent arbeitet)
+ extra Ausgang für Verstärker ohne Boxen-Sim
+ Kopfhörerausgang
+ einfache und intuitive Bedienung (Reglerpositionen werden beim Umschalten zwischen den zwei Kanälen automatisch gespeichert)
- kein Tremolo!
- leichte Schaltverzögerung beim Kanalwechsel
- kein XLR-Ausgang
F a z i t :
Das einfache und intuitive Design, die super Klangquali und der Preis (allein der Hall ist schon fast den aufgerufenen Preis wert) waren für mich gute Gründe für den Kauf des Combo Deluxe 65 - trotz des fehlenden Tremolo. Wohingegen die komplexe Bedienung, der Preis und die erforderliche Stromstärke die ausschlagebenden Gründe gegen das/den Dream 65 waren.
Was ich aber gar nicht verstehe, ist das Fehlen eines Tremolos beim Combo Deluxe 65. Ok, das wusste ich vor dem Kauf und ich hab's trotzdem gekauft - also kann ich mich auch nicht beschweren. Aber bei einer Fender-Blackface-Simulation gehört das für mich einfach dazu.
Beim Dream 65 braucht man sich wahrscheinlich keine Sorgen um Authentizität zu machen, aber selbst falls der Combo Deluxe da nicht ganz rankommen sollte (was ich nicht testen konnte) - am Ende geht's auch um Klang-Ästhetik und die ist beim Combo Deluxe ebenfalls super! In jedem Fall klingen beide mit ihren unter Studiobedingungen erstellten Lautspecher-Simulationen wahrscheinlich besser als ein lieblos und unter Zeitdruck mikrofonierter Original-Verstärker beim Konzert.
Mit dem Kauf eines Dream 65 macht bestimmt nichts falsch. Aber ich liebe es, wenn man mit Equipment, das preislich eigentlich ein Understatement ist, geile Mugge machen kann. Und man muss in der Konzertpause nicht immer so nervös zur Bühne schauen, ob die teuren Pedale sicher sind. Da reicht das Geld im Zweifel sogar noch für ein Backup-Pedal und gleichzeitig ist es ja nun wirklich kein Billigschrott. Deshalb hake ich meine Fender-Verstärkersimulations-Suche mit dem Combo Deluxe 65 ab.
Beiden fehlt für mich ein symmetrischer XLR-Ausgang - dafür hat man ja Verstärkersimulationen, dass man direkt ins Mischpult spielen kann.