Warum Nylonsaitengitarre
Wohl die Allermeisten, die die Gitarre als Instrument gewählt haben, sind zuerst mit einer „Wandergitarre“, also eine Gitarre mit Nylonsaiten in Berührung gekommen. Später kamen dann vielleicht eine Westerngitarre und/oder E-Gitarre hinzu. Lange Zeit galten „klassische“ Gitarren als Gegenstand den nur Klassik-Nerds benutzten und worüber die „anderen“ (Rocker, Blueser, Jazzer) nur lächelten. Aber spätestens dann, wenn man seine Fähigkeiten über die Beschränkungen des ewigen 12Takters hinaus entwickelt hat und auch mal ein paar Jazzstandards spielen kann, stolpert man über spanische oder brasilianische Gitarrenmusik. Wenn man offen ist für die bezaubernden Harmonien von Corcovado, Samba Triste, Wave etc., entsteht irgendwann der Wunsch sich diese Musik zu erarbeiten. Mit einer weich klingenden E-Gitarre ist das vielleicht noch möglich, eine Westerngitarre kann da aber schon nicht mehr ganz mithalten. Es klingt nicht authentisch. Darum habe ich mich nach einer entsprechenden Gitarre umgesehen.
Meine Vorgaben
Linkshänder Modell, Vollholz, Preis ca. 1.000 – 1.500 €
Warum Taylor
Ich besitze bereits eine Taylor 214ce also das Modell mit Stahlsaiten und deren Klang ist so außergewöhnlich, dass selbst Laien dies bemerken. Nicht zu reden von der wirklich „legendären“ Spielbarkeit.
Auf der Suchen nach einer entsprechenden Gitarre habe ich dann die Taylor 214ce-N LH Spruce/Walnut entdeckt und da die o.a. Attribute auch für das Nylonsaitenmodell gelten sollten, habe ich die Gitarre, ohne zu zögern bestellt.
Lieferung der Gitarre
Bestellung und Lieferung waren wie immer „Thomannmäßig gut“.
Die Gitarre kam in zwei ineinander geschachtelten Kartons an und war selbst in dem serienmäßig mitgelieferten Gigbag verpackt. Der Gigbag ist sehr solide und schützt die Gitarre; ich werde ihr aber trotzdem noch einen Koffer spendieren. Die Farbe des Gigbags ist ein blasses beige-braun (ähnlich wie die Farbe des Pappkartons). Ich finde die Abwechslung in der Farbgebung gut.
Es wirkt etwas edler und passender zu dem Schmuckstück was darin aufbewahrt wird.
Optik der Gitarre
Die Gitarre hat eine wunderschön gemaserte Decke die, mit einem Binding versehen, äußerst sorgfältig und perfekt an die Zargen anschließt. Es gibt keine Unregelmäßigkeiten oder Lackfehler. Dasselbe gilt für Boden und Zarge. Die Kopfplatte ist durchbrochen, wie bei den meisten Nylonsaitengitarren üblich. Die Mechaniken sind vernickelt und die Knöpfe wirken wie aus Perlmutt hergestellt. Das Zusammenspiel der Farben der Hölzer und die sich zurück-nehmende schlichte, auf das Nötigste beschränkte Ausstattung geben ein sehr harmonisches Bild, in dem die Mechaniken und Knöpfe die Glanzlichter bilden. All das erzeugt ein Gefühl sich dieses Instrument immer wieder ansehen zu wollen.
Bauform
Die Form ist eine Grand Auditorium mit Cutaway ab dem 14ten Bund. Die Halsbreite am Kopf beträgt 48 und am 14ten Bund 58 mm. Zum Vergleich die Westerngitarre: Halsbreite am Kopf 45 und am 14ten Bund 52 mm.
Bespielbarkeit, Bedienung und Haptik
Wer bereits eine Westerngitarre besitzt, welche die o.g. Halsbreiten aufweist, der fühlt sich beim Wechsel auf das Nylonsaitenmodell sofort „zu Hause“. Die nötige Umstellung ist kaum bemerkbar. Im Gegenteil: aufgrund der dickeren unteren Saiten ist man froh, wenn man diese zusätzlichen Extra-Millimeter an Platz hat.
Die Saitenlage ist für eine „Konzertgitarre“ relativ niedrig im positiven Sinne. Im Zusammenspiel mit dem „flach“ (großer Radius) gekrümmten Hals wirkt sich das merklich auf die Bespielbarkeit aus. Ich habe da so einen persönlichen Test. Mit den ersten 4 Takten von „The Clap“, von Stevie Howe kann ich für mich testen, welche Gitarre mir besser liegt. Und, nein. Ich kann das gesamte Stück nicht spielen, leider.
Die Mechaniken sind leichtgängig und arbeiten sauber. Die Sattelkerben sind passgenau und die Saiten gleiten beim Stimmen, ohne zu haken über den Sattel.
Klang
Der Klang ist vor allem bei den Diskantsaiten hell und klar. Insgesamt klingt die Gitarre weniger basslastig und eher mittenbetont. Für eine Konzertgitarre mit der klassische Stücke gespielt werden sollen bietet sie vielleicht etwas zu wenig Dynamik und klingt eher „gebremst“.
Ich habe im Vergleich zur Taylor meine Hanika Vollholz angespielt. Diese klingt dunkler, basslastiger und „klassischer“ als die Taylor. Aber dies ist nur meine persönliche Wahrnehmung und kein objektiv belastbarer Fakt.
Die Taylor besitzt einen integrierten Tonabnehmer mit Klangregelung. Das macht sie für Liveauf-tritte natürlich sofort interessant. Das Gefummle mit zusätzlichen Tonabnehmern bei den puristischen Gitarren oder der Stress bei der Livemikrofonie entfallen bei der Taylor und der Sound ist über die Regler auch noch beeinflussbar.
Es kommt aber auch immer darauf an, was man spielen möchte. Ich habe ein Duo mit einem anderen Gitarristen. Wir covern Songs aus verschiedenen Stilen von Blues, Bluegrass, Finger-pickingstyle, Jazz oder Singer/Songwriter Sachen. Durch die Taylor 214ce-N wird das Klangspektrum doch erheblich erweitert und die Vorteile der Tonabnahme und Klangregelung überwiegen etwaige klangliche Nachteile.
Preis
Der Preis von ca. 1.199 € für eine Vollholzgitarre mit Tonabnehmer und der handwerklichen Qualität ist gerechtfertigt. Aus meiner Sicht stimmt hier das Preis-Leistungsverhältnis absolut.
Fazit
Für einen Linkshänder ist es auf dem Gitarrenmarkt schon manchmal frustrierend zu sehen, was man alles nicht spielen kann. Saiten umzuspannen ist nur bedingt eine Lösung.
Umso erfreulicher ist es, wenn Hersteller guter oder sehr guter Instrumente ihre Fräsen „auf links stellen“, um den „Lefty“ auch mit Traumgitarren zu versorgen.
Das Klangspektrum der Taylor deckt fast alles ab, was man an Gitarrenmusik spielen möchte. Die Gitarre ist wegen des Tonabnehmers u.a. gut geeignet für Liveauftritte.
In den Händen von Gitarristen, die Werke von Bach, Tárrega oder Villa-Lobos spielen können sehen ich sie eher nicht. Aber vielleicht widerlegt mich ja mal ein Könner der Materie.
Die oben besprochene Taylor 214ce-N erfüllt meine Erwartungen vollkommen. Optik, Haptik und Bespielbarkeit entsprechen dem, was man von Taylor gewohnt ist, nämlich Superqualität zu fairem Preis.