Bevor ich vor Kurzem einen gebrauchten Sandberg Masterpiece Hardcore Aged Bass testen durfte habe ich gedacht, dass der Preis etwas hoch ist und Sandberg auch „auf den Aging-Zug aufgesprungen ist“ und Bässe einfach hochpreisiger verkaufen möchte.
Wie falsch ich doch mit dieser Einschätzung lag!
Nachdem der nun von Thomann gelieferte Bass die gleichen Qualitäten liefert wie der gebrauchte Sandberg, möchte ich nun erläutern, warum aus meiner Sicht die Bezeichnung „Masterpiece“ absolut gerechtfertigt ist. Vielleicht hilft meine ausführliche Bewertung anderen, die vor der Wahl stehen, sich so ein hochklassiges Instrument zulegen zu wollen.
Der Bass ist makellos verarbeitet, lässt sich mühelos und spielerisch leicht bespielen dank perfekter Verarbeitung und Bundabrichtung auf der hauseigenen PLEK-Maschine von Sandberg.
Hinzu kommt ein Klang, der in allen Lagen und auf allen Saiten absolut ausgewogen ist und ohne Deadspots Sustain ohne Ende liefert. Gleichzeitig spricht er superdirekt auf kleinste Nuancen an und hat ein schnelles Attack.
Nach 30 Jahren E-Gitarre bin ich erst seit 2008 bis 2009 und dann erst wieder ab 2020 zum Bass spielen gekommen und hier schafft Sandberg etwas, das man bei Gitarren oft suchen muss und als Widerspruch gilt:
Der Bass bietet ein langes Sustain und gleichzeitig dennoch eine schnelle Ansprache.
Das macht soviel Freude beim Spielen und gerade so ein langes, schwelgendes Sustain, bei denen man beim Ausklingen der Töne auch noch die einschwingenden Obertöne hören kann, bin ich von einem precision-bass-artigem Bass nicht gewohnt.
Bei diesem Bass fällt mir auch die nach wie vor vorhandene Umgewöhnung vom Gitarre spielen zum Bass spielen noch leichter als mit meinem letzten Bass (2014er Maruszczyk Jake 4 Precision Bass). Das liegt einfach daran, dass das Setup perfekt und die Saitenlage flach ohne zu Schnarren ist und man sich auf diesem Halsprofil sofort wohlfühlt. Man hat hier keinen dicken Precision-Bass-Hals in der Hand, sondern ein perfekt geformtes Profil, auf dem eigentlich jeder sofort zurecht kommen sollte.
Es ist ein Instrument, dass optisch und haptisch durch das Aging wie ein jahrzehntelang gespieltes vertrautes Vintage-Instrument wirkt aber gleichzeitig alle Annehmlichkeiten hat, die man von einem modernen Instrument erwartet.
Der Sandberg California klingt elektrisch verstärkt vertraut wie ein guter Precision-Bass und mit voll aufgedrehtem Tone etwas frischer und moderner aber nicht kalt oder gar steril. Wenn man mehr Richtung vintage klingendem Precision Bass-Tone gehen möchte, ist es über das gut abgestimmte Tone-Poti in allen Nuancen möglich, etwas Präsenz herauszunehmen und Wärme im Ton hinzuzufügen. Aber selbst mit voll aufgedrehtem Tone klingt es ausgewogen ohne irgendwelche übertriebenen Höhen, die manchmal aktive Klangregelungen mit sich bringen.
Dadurch, dass er auch so nuanciert auf mein Spiel und Dynamik mit Fingern, Daumen oder Plektrum reagiert vermisse ich auch keine weiteren Klangregelmöglichkeiten. Tone, Volume und ein gut klingender PB-style Pickup: Mehr braucht man hier nicht!
Den Preis finde ich für den gebotenen Aufwand, den Sandberg für die Materialauswahl und vor allem für deren aufwendige und zeitintensive Behandlung und Verarbeitung verwendet absolut angemessen (Aging, Thermo-Behandlung, Vibrations-Behandlung).
Alleine das Aging von Hals, Body und allen Anbauteilen ist ein Gedicht!
Das ist wirklich ein individuelles Kunstwerk, das ich stundenlang nur betrachten könnte, wenn es nicht so reizvoll wäre, ihn auch direkt in die Hand zu nehmen und zu spielen. Das Aging geht an den Stellen ohne Lack teilweise bis ins Holz mit vereinzelten tieferen Kerben aber wirkt absolut realistisch wie ein Bass, der jahrzehntelang jede Bühne überlebt hat. Da ich eine 2002er Tom Anderson Hollow T Classic E-Gitarre in fiesta red habe die nach 23 Jahren natürlich etwas heller geworden ist finde ich auch das Fiesta Red vom Sandberg, dass etwas heller ist als „fabrikneues“ Fiesta Red, absolut realistisch. So sieht Fiesta Red nach Jahrzehnten oft aus.
Und das weiße Undercoating sieht einfach traumhaft und geschmackvoll aus.
Ich behaupte, dass man mit diesem Modell einen Bass fürs Leben gefunden hat und man jahrzehntelang Freude daran haben wird. Jedenfalls brauche ich keinen zweiten Bass mehr neben diesem inspirierendem Meisterwerk.
Man spielt und spielt und spielt…..so sollte es im Idealfall doch sein.
Zudem ist der Bass mit knapp 3,5 Kilo für einen massivem Erle-Bass leicht und gleichzeitig perfekt ausbalanciert ohne jeglichen Anflug von Kopflastigkeit und damit bereit für lange Live-Sessions.
Vielen Dank auch an Thomann für den tollen Service seit meiner ersten Anfrage zu diesem Bass.
Ich kann jedem, der ein wirkliches Ausnahme-Instrument sucht, nur empfehlen, diesen Bass zu testen.
PS: Mehrere Sandberg-Modelle, die aus einfacheren Serien des Herstellers kamen, haben nicht ansatzweise diese Spielbarkeit, Anmutung, Klang und Dynamik gehabt.
Wer also bei diesem Masterpiece-Modell etwas mehr investiert, bekommt auch definitiv mehr.