Musikerinnen kennen die Vorfreude auf ein neues Instrument. Der Kauf über den Versandhandel lässt ein Anspielen nicht zu und so gesellt sich zur freudigen Erwartung nagendes Bedenken. Hätte ich nicht ausführlich die positiven YouTube-Bewertungen und andere Blogs konsultiert - niemals hätte ich eine Westerngitarre für 150 Euro bestellt.
Die Saitenlage ist ab Werk im sicheren Bereich eingestellt und erlaubt mir, nach dem Stimmen des Instruments ohne weiteres ein erstes Anschlagen und Zupfen. Die Erleichterung ist gross, als ich erkenne, dass die CLD 10 NS S mir gute Dienste leisten wird - eine klare und kräftige Stimme über alle Drähte verteilt.
Bevor ich den Hals und die Saitenlage einstelle, lasse ich ihr 2 Wochen Zeit sich bei mir anzuklimatisieren.
Das gute Stück hat viele Lackfehlerchen, Griffbrett und Brücke sind mit schwarzem, matten Holzfüller übertüncht und kaum geschliffen. Damit habe ich gerechnet und gleich "Micro-Mesh Pads" mitbestellt. Mit 600er beginnend bis 12000er Korn habe ich den stark abfärbenden Holzfüller von Griffbrett und Brücke abgetragen und die scharfen Kanten gerundet. Eine schöne Holzmaserung ist hervorgetreten - auch kleine Mängel im Griffbrett, bei dem Preis mit der ersten Holzwahl habe ich sowieso nicht gerechnet und nichts tut der guten Bespielbarkeit Abbruch. Dann habe ich noch mit den Micro-Mesh Pads von 8000 bis 12000er Körnung die Decke etwas aufpoliert, das reduziert Schleifgeräusche des Anschlagarms deutlich - vor allem bei Aufnahmen sinnvoll. Rudimentäre Holzbearbeitungs-Kenntnisse sind Voraussetzung ...
Die Tuner sind relativ grob übersetzt, halten aber die Stimmung tadellos. Das innere der Gitarre ist roh gearbeitet, dem Klang Volumen nach jedoch stabil verbunden. Steg, Brücke und Saitenstöpsel sind aus Plastik und werden bei Gelegenheit mit knöchernen Teilen ersetzt. Die Proportionen einer Dreadhnough stimmen, die Rosette ist aufgedruckt, mir ist ohnehin nie klar geworden, warum die schwingende Decke mit Intarsien gedämpft wird...
Wer sein Taschengeld spart und Einsatzfreude mitbringt, wer das Gitarrespiel ausprobieren will ohne Grossinvestitionen zu tätigen, erhält für wenig Geld ein wohlklingendes Instrument mit guter Bespielbarkeit. Ich selbst werde die CLD-10 NS S mit "HyVybe" aufrüsten und mir auf der Gasse ein paar Batzen an die Meistergitarre verdienen.
Nachtrag: Mittlerweilen wollte ich den Halsstab einstellen doch der dreht - nach 2x einer 1/4 Drehung nur noch im Leerlauf! Im ersten Freudentaumel ist mir auch entgangen, dass die Brückeneinlage falsch gekerbt und somit der Saitenabstand unsymetrisch ist.
Da ich die Plastikteile eh ersetzen wollte... Der leerlaufende Halsstab aber ist etwas schwieriger zu verkraften, auch wenn das nichts an ihrer guten Stimme ändert - es fehlt etwa 0.4mm bis zur idealen Halskrümmung. Mich selbst muss ich auch kritisieren, weil ich die Gitarre bereits bearbeitet und so das Rückgaberecht verwirkt habe.
An der Kaufempfehlung für die CLD 10 S NS werde ich jedoch festhalten -
ihre Stimme überzeugt mich nach wie vor, nur sollte dem durchaus notwendigen Aufbessern der Gitarre eine gründliche und fachkundige Inspektion vorangehen. Auch wenn ich das Rückgaberecht vergeigt habe, mein Publikum auf der Strasse werde ich mit diesem Instrument trotzdem zum Innehalten bewegen können. Nur das Aufrüsten mit "HyVybe" werde ich wohl lassen...