Musikvideo: All Fucked Up

24.06.2016
Musikvideo und Interview mit All Fucked Up

Haastattelu

Herrlicher Titel für ein neues Album im hyper-globalisierten, multi-digitalisierten und reizüberfluteten Erdenraum: "Thirty Minutes Oldschool"! Das ist eine deluxe Steilvorlage ;-) Was bedeutet für euch Oldschool?

ALL FUCKED UP: Oldschool is für uns der Kram, den wir in den Achtzigern und Neunzigern gehört haben. Ehrlich und dreckig. Nicht so hochgezüchtet und durchgestylt wie es heute meist üblich ist. Wir fokussieren uns auf das Wesentliche. Dabei ist uns schnörkelloser instrumentaler Aufbau ohne besondere Experimente und Schnickschnack wichtig. Um ein möglichst "echtes" Album aufzunehmen haben wir komplett auf Effektgeräte an den Instrumenten und Gesang verzichtet. Es klingt, wie es aus dem Amps kam (die übliche Studio-Nachbearbeitung natürlich schon ;-) und beim Schlagzeug wurde auch bewusst auf "triggern" verzichtet. Ziel war es dennoch zu zeigen, dass eine Low-Budget D.I.Y. Produktion ordentlich fett klingen kann.


Reizüberflutung war oben ein weiteres Stichwort: Wie sieht der benannte "Information Overload", Track zwei eures neuen Werkes, durch eure Filter aus?

ALL FUCKED UP: Eben zu viele Infos. Jederzeit und überall. TV, Tablet, PC, Smartphone, Facebook, Twitter, Instagram... Da muss man erstmal die Spreu vom Weizen trennen.


Was macht der gemeine 'schwermetallige' Hardcore-Punker gegen diesen Umstand?

ALL FUCKED UP: Nix, is halt so ;-) Immer wieder mal versuchen, Abstand zu dem ganzen Kram zu bekommen. Oder auch mal Quellen nutzen die noch 'ne klassische Berichterstattung ohne überzeichnete Eigenmeinung versuchen, z.B. Deutschlandfunk (Radio, Anm. d. Redaktion) hilft manchmal einen kritischen Blick auf Mainstream-News und -Storys zu bekommen. Oder einfach mal alles ausschalten, denn Entschleunigung spielt auch bei uns eine Rolle. Da hilft einem geregeltes Familienleben auch, um in der Spur zu bleiben.


Wie verdaut man als Hardcore-Fan den Tod der kürzlich verstorbenen Ikone Lemmy von Motörhead? Nahm man ihn zur Kenntnis wie der Katholik den Papst = Leitfigur, oder lächelte man eher milde und gelassen über manchen Anachronismus (Beispiel Kirche: Forderung nach Verzicht auf Kondome weil Sünde) ;-)?

ALL FUCKED UP: Eigentlich dachten wir ja der ist unsterblich, hm! Allerdings gab's mal den Spruch "wenn Gott und Lemmy ringen, wer gewinnt? Egal, Lemmy ist Gott", also doch unsterblich.


Euer dieser Tage erscheinendes Album ist das vierte in der Geschichte der Band, die 2005 die Welt der Steckdose entdeckte. Was hat sich zwischen dem 3. und dem 4. Album Offensichtliches getan?

ALL FUCKED UP: Wir sind drei Jahre älter, das hilft uns cool zu bleiben. Beim letzten Album "Last Men Standing" wollten wir mit Gewalt etwas Besonderes erschaffen und hatten uns etwas verrannt. "Thirty Minutes Oldschool" ist da deutlich entspannter entstanden und kann mindestens an die Qualität der Platte "Situation Normal" anknüpfen. Letztendlich war es eine Art Fügung, dass der eine Schlagzeuger für sich was ändern wollte und Dejan sofort bereit war und Bock hatte. Er hat einen anderen Schlagzeug-Stil, was sich demzufolge auch deutlich auf unser Songwriting ausgewirkt hat, und er bringt durch sein junges Blut generell einen frischen Wind rein.


Wie kam es zu dieser Umbesetzung?

ALL FUCKED UP: Der Alte wollte was Neues machen, der Neue war irgendwie schon da. Aber alles kein Problem, wir haben uns immer noch alle lieb und supporten uns gegenseitig.


Welche Kriterien muss ein guter Drummer heutzutage erfüllen? Doppelbeinig 160 BPM auf die Bass Drum-Felle geben können? Endorsement von Ciljan anbringen, etc. ;-)?

ALL FUCKED UP: Er muss ein guter Kumpel und halbwegs anständiger und zuverlässiger Schlagzeuger sein. Es muss zwischenmenschlich passen, und natürlich muss er zu unserer Musik und unserer Bandidee passen. Das bringt aber auch Verantwortung mit sich. Bei uns hat jeder für seinen Bereich das letzte Wort. Mehrheitsentscheid gibt es nur bei Nebensächlichkeiten wie z.B. CD-Cover. Idealerweise kann er Impulse setzen und unsere Kreativität anspornen. 'Ne Diva geht überhaupt nicht.


Was wolltet ihr beim neuen Album unbedingt anders machen als beim letzten (Last Men Standing, 2013)?

ALL FUCKED UP: Wieder zum alten Studio zurück. Ansonsten gilt, was kommt das kommt. Mal abgesehen vom Outro können wir die neue Platte vom Wohnzimmer-Konzert bis Festival-Bühne darbieten und es sollte sich immer gleich gut anhören. Die alte Platte hatte tendenziell mehr wie ein Sampler von verschiedenen Gruppen geklungen.


Sind zu den inhaltlich bekannten Alltagsproblemen, die ihr in euren Songs behandelt - Alkohol, Frauen und Stammtischpolitik - weitere hinzugekommen? Zum Beispiel AfD, Pegida, Flüchtlingswelle und -politik, Terrorismus und Syrien-Krieg?

ALL FUCKED UP: Nicht bewusst. Eigentlich ist alles beim Alten. Die Inhalte sind öfters mal wieder etwas ernster. Aber das variiert schon die ganzen Jahre immer wieder mal. Aber auch für uns war es nicht angenehm zu sehen, dass bei unseren aktuellen Landtagswahlen viele glaubten es wäre ein guter Zeitpunkt um mal "Rechts" zu wählen. Da wir alle aus einer gastfreundlichen Weintourismusregion kommen, ist für uns interkulturelle Völkerverständigung Alltag und das soll auch so bleiben! Hoffentlich erleben wir gerade nur einen Protest gegen die Bundespolitik, der sich legt, wenn die unbegründeten Ängste wieder verschwunden sind. Denn Integration funktioniert sehr gut, wenn sich alle beteiligen und auch etwas Offenheit für Neues mitbringen. Dies wurde bei uns in den letzten Jahrzehnten mehrfach bewiesen.


Der eurer Meinung nach allerbeste Moment der neuen 'Scheibe', auf den ihr irre stolz seid?

ALL FUCKED UP: Auf den Song "Broken" sind wir schon ein bisschen stolz. Aber auch der Moment, wenn das Outro ausgeklungen ist und die CD von alleine wieder von vorne anfängt :-)


Warum kann man eure Texte nicht auf eurer Website nachlesen? In "Blitzmöb" hören wir euch auf deutsch shouten - und schon erhellen sich unsere angespannten Minen: wir verstehen (einiges ;-)! In den englisch präsentierten Songs stehen wir allerdings so manches Mal auf dem Schlauch...

ALL FUCKED UP: Einfach Mail schreiben und fragen, oder immer wieder hören bis man's versteht.


Worum geht's in euer aktuellen Video-Single "Sweet Mary"?

ALL FUCKED UP: Tja, da müsste man jetzt den Ex-Drummer fragen. Schreib 'ne Mail und wir schicken dir den Text :o) Da ihr "Sweet Mary" ja zum Interview anhängt, gibt's zumindest für den Refrain mal ne kleine Texthilfe:
So sweet marry what you done, to all our husbands and our sons
All the memories of a home trapped, in the barrel of a gun
Listen whiskey drunken minded, telling stories of a war
And sweet marry will not bring the one she took back home, no more...


Wie vermarktet man sich heutzutage in Zeiten der überall und jederzeit verfügbaren Streaming-Dienste? Habt ihr einen Plan oder schaut ihr von Gig zu Gig?

ALL FUCKED UP: Wir leben ja nicht (ganz) hinterm Mond und sind zum Beispiel bei Spotify und all den anderen Streaming-Diensten am Start. Als Verbreitungs-Tool haben wir sehr gute Erfahrungen mit tunecore Punkt com gemacht. Ansonsten aber soziale Netzwerke und den Support unserer Freunde durch "weitersagen". Daneben klassisch über Webseiten oder Magazine, die ihre Meinung zu unserer CD kundtun wollen.


Weiter oben klang schon an, dass ihr bei der Produktion der neuen Platte in euer altes Studio zurück wolltet... Wo und mit wem habt ihr die knackige Produktion umgesetzt? Wir sind begeistert, wie pur und zugleich fett die Mischung gelungen ist! Alles scheint vorne zu stehen, aber zugleich im richtigen Verhältnis zueinander. Ist das 'die gesegnete Macht des Alters und der Erfahrung' oder auch einfach mal eine glückliche Fügung aus reichlich Bier, Kaffee, Studio und Produzent?

ALL FUCKED UP: Wir sind wieder zurück zum Ort, wo auch die ersten beiden Alben entstanden: Minor Fat Diner Studio in Neustadt an der Weinstraße. Dort fühlen wir uns quasi wie Zuhause. Wir werden alle älter, anspruchsvoller und manche auch besser, aber Mixing und Mastering überlassen wir den Profis und da ist man beim Michel vom Minor Fat Diner einfach gut aufgehoben. Gerade als Amateurmusiker ist wichtig, dass der Tontechniker den Musiker lesen kann und ein Gefühl dafür hat, was dieser leisten kann und was nicht. Was die harten Musikstile angeht, ist er einfach Vollprofi und das schafft Vertrauen und führt zu einem guten Ergebnis.


Abschlussworte: wenn ihr nach vorne schaut, dann seht ihr...

ALL FUCKED UP: ...uns beim Weitermachen, solange wir Spaß dran haben. Denn darum geht's. Und wir sind gespannt auf die Resonanz zum neuen Album "Thirty Minutes Oldschool", Release 23. April 2016.


LINK: c-tube Profil von ALL FUCKED UP