Ban­din­terview: Ages

16.09.2016
Interview und Musikvideo mit Ages

Wywiad

Was für ein grandioses Musikvideo! "Chances feat. Johannes Eder" ist in Zeiten explosiver Turboschnitte im Millisekunden-Takt eine echte Offenbarung! Das ist richtige Kunst: Drohnen, Filter, Ausschnitte, Makroaufnahmen, Super-Slomo, Konturen, Mischungen... Wir möchten gerne alles zu diesem Clip erfahren!

AGES: Dankeschön! Das freut uns natürlich sehr. Vor allem, weil wir für das Video niemanden angeheuert haben, sondern alles in Eigenregie entstanden ist. Wir bemerken ja schon seit längerem eine gewisse Video-Müdigkeit bei den Leuten. Musikvideos von Bands, die wir sehr schätzen, schaffen es oft nicht, über ein paar tausend Views zu kommen, obwohl die alle toll gemacht sind. Und da stellt sich dann natürlich schon die Frage, ob es dafür steht, für vier Singles vier Videos in Auftrag zu geben. Weil, wenn man nicht eine handvoll Freunde mit extremen Hang zur Selbstausbeutung hat, muss man dafür schon eine menge Geld auf den Tisch legen. Und darum haben wir die Sache selber in Angriff genommen. Zuerst war die Idee, einfach ein paar nette Drohneuaufnahmen zusammenzuschneiden, da ich mir kurz vorher aus reiner 'Nerdigkeit' eine Phantom 3 Pro gekauft habe. Irgendwie ist das Projekt dann explodiert und wurde immer komplexer, weil man ja auch gern auslotet, was alles geht mit dem bisschen Amateurwissen im Bereich Video und Compositing. Gekostet hat uns das im Endeffekt eigentlich nichts - außer einen Haufen Arbeitszeit.


Diese Ambition verdient ein dickes Extra-Lob! Welche Chancen besingt ihr in diesem Stück?

AGES: Den Text hat ja Johannes Eder von "Catastropy & Cure" geschrieben. Wir haben da auch überhaupt nicht reingepfuscht. Der Text ist also komplett sein Baby und da wollen wir auch gar nicht selber großartig was reininterpretieren.


Wer ist Ages? Stellt uns bitte dieses neue Projekt und seine Mitglieder vor.

AGES: Also im Studio sind wir fix zu dritt. Markus Reindl, Roland Bindreiter und Jürgen Oman. Jeder von uns macht schon seit Jahren Musik. Solo und in ganz vielen anderen Projekten. Zusätzlich haben wir uns GastsängerInnen ins Studio eingeladen. Live werden wir von Lea Föger begleitet, die bei den Konzerten alle Gesangs-Parts übernimmt.


Noch ein paar Worte zum eben genannten Johannes Eder... Wie kam es zu dieser Kooperation? Ein "featuring" bedeutet ja meist die zeitlich begrenzte Zusammenarbeit mit einem Künstler.

AGES: Johannes Eder ist Sänger der großartigen Indie-Band "Catastropy & Cure". Auf unserem Album ist ja eine Fülle von Gästen vertreten. Und es hat sich natürlich angeboten, Leute zu fragen, mit denen wir in irgendeiner Verbindung stehen. Und da wir mit dem A.G.Trio ja doch etwas rum gekommen sind, haben sich da auch mächtig viele Bekanntschaften zu Kollegen ergeben. Außerdem wollten wir unsere Musik mit den Features ein wenig aus dem reinen Elektro Kontext reißen und haben daher auch mit Leuten aus anderen Genres gearbeitet.


Von dieser Art der Zusammenarbeit habt ihr auf eurem Debütalbum "ROOTS" einige zu bieten. Wie sind die Themen der Songs klar geworden? Schrieben die gefeaturten Künstler die Lyrics und kamen zu euch oder entstanden zunächst die Beats und habt ihr dann nach einer passende Stimme Ausschau gehalten?

AGES: Zuerst waren eigentlich immer die Instrumentals. Die waren im Großen und Ganzen fertig und dann haben wir uns halt mal zusammen gesetzt und überlegt, wer denn da so in Frage kommen könnte. Wie gesagt, an talentierten Bekanntschaften hat es nicht gemangelt. Und die meisten haben dann auch sofort zugesagt.


Nach vier Singles ist mit "ROOTS" das erste AGES-Album erschienen, das man über die üblichen Kanäle bekommt bzw. dem man dort lauschen kann (iTunes, Amazon, Spotify, usw.). Wie habt ihr die Produktion realisiert? Step by Step und gesammelt? Oder alles in einer bestimmten Zeit aufgenommen, eingesungen, gemischt und gemastert? Den Tracks hört man an, das ausgefeilt geschraubt wurde...

AGES: Wir haben uns auf jeden Fall Zeit gelassen, weil wir auch überhaupt keinen Druck hatten. So haben wir einfach mal drauf los produziert. Meistens jeder für sich. Und irgendwann hat sich dann von selbst eine Richtung rauskristallisiert. Das war ein sehr natürlicher Prozess, ohne Konzept und ohne Zwänge. Einfach machen, worauf wir Lust hatten. Und wir mussten auch überhaupt keine Erwartungshaltung von Fans erfüllen. Das war schon sehr angenehm.


Welches Equipment kam da im wesentlichen zum Einsatz?

AGES: Ach, da haben wir gar nicht so viel. Hauptsächlich arbeiten wir mit Software. Logic und massenhaft Plugins. Da haben wir so ziemlich alles von Native Instruments und Arturia - das übliche halt. Und dann noch ein Paar Geheimwaffen, die vielleicht nicht in jedem Studio zu finden sind. Hardware benutzen wir fast überhaupt nicht. Ich komm damit nicht zurecht. Es ist zwar nett etwas in der Hand zu haben, aber wenn ich einen Track öffne und dann muss ich erst ewig irgendwelche Synth-Settings rekonstruieren, werd ich verrückt, bevor ich noch einen Ton produziert hab. Roland benutzt schon immer wieder gerne mal ein Hardwareteil. Der ist aber auch von Grooveboxen großgezogen worden.


Das beeindruckende Foto des Albumcovers von "ROOTS", die vorherigen Singles und nun das neue Video von "Chances featuring Johannes Eder" lassen vermuten, dass ihr ein ausgeprägtes Faible für die Natur an sich habt, oder?! Woher kommt das? Sind die Österreicher aufgrund der Berge und Landschaften prinzipiell naturverbunden oder ist das fast die zwangsläufige Entwicklung - back to nature! - in einer durch und durch technisierten Welt, die immer mehr Biotope unter ihren Industrieanlagen begräbt?

AGES: In Österreich ist das ja ganz interessant - da kann man in einer Großstadt wohnen, aber wenn man sich 10 Minuten aufs Fahrrad setzt, hat man irgendeinen Wald vor der Nase. Und das weiß man schon zu schätzen. Wir haben natürlich auch versucht, das Album möglichst organisch klingen zu lassen. Und da hat das dann auch ganz gut gepasst. Ich würd jetzt aber nicht behaupten, dass wir da von Anfang an irgendein hochtrabendes Konzept hatten.


Wie geht ihr (als Menschen, als Künstler) mit diesem Umstand um, zukünftigen Generationen mehr und mehr von dem zu nehmen, was wir jetzt noch haben? (Luft, Wasser, Bäume, Platz, etc.). Was kann man dagegen tun?

AGES: Puh... Also um Luft, Wasser, Bäume und Blumen mach ich mir im Moment eigentlich am wenigsten Sorgen. Unser nächster Präsident wird wahrscheinlich ein Nazi sein. Unser nächster Kanzler ebenfalls. Die Leute schalten vor lauter geschürter Angst ihr Gehirn aus und Fanatiker jeglicher Couleur heizen die Stimmung so weit auf, dass ich das alles gerne gegen ein Waldsterben eintauschen würde...


Kunst ist Kunst und Arbeit ist Arbeit. Manchmal ist harte Arbeit richtig Kunst und richtige Kunst harte Arbeit. Nun, was wir eigentlich wissen wollen: was macht ihr hauptberuflich (falls die Kunst nebenberuflich entsteht)?

AGES: Wir machen eigentlich alle drei irgendwas Kreatives. Markus im Event-Bereich, Roland im Styling-Bereich und ich bin im Grafik-Business.


Worin besteht der wesentliche Unterschied zwischen AGES und A.G. TRIO, dem Vorgänger-Projekt von euch. Beide Projekte lassen sich mit dem Label 'Electronic Dance Music' etikettieren... Bitte klärt uns auf.

AGES: Also mit Ages wollten wir eigentlich weg vom Dance. Das ist der Hauptunterschied. Beim A.G.Trio musste es immer Krachen. Konzerte waren nur dann gut, wenn die Leute wie die Blöden abgefeiert haben. Das ist uns nach all den Jahren irgendwann auf den Keks gegangen. Außerdem wurde die ganze Szene immer mehr zu einem Zirkus, mit dem wir auch immer weniger anfangen konnten. Und da musste dann mal ein Schlussstrich her. Bei Ages muss nichts mehr Krachen, Konzerte sind keine ausgelassenen Club Veranstaltungen mehr. Da sitzt das Publikum auch gerne mal am Boden und hört nur zu.


Was gibt es über das Wiener Label "Etage Noir Special" zu erzählen, auf dem eure Songs veröffentlicht wurden?

AGES: Das Label wurde ursprünglich von unserem Freund Marcus Füreder (A.K.A. Parov Stelar) gegründet, um seine Electro Ader ausleben zu können. Als das bei ihm zeitmäßig alles nicht mehr unter einen Hut zu bringen war, hat er uns das quasi vermacht. Wir haben seither eine ganze Hand voll Künstler darauf veröffentlich und vor allem auch unsere eigenen Releases.


Diese aktuellen Songs versüßen euch den Sommer...

AGES: Gin Ga - 1ON1, Ogres Debris - See the World, Julian & Der Fux - Der Blues, Ira Atari - Sleep, Susana Sawoff - I'll Still Miss You.


Ein Ausblick auf die zweite Jahreshälfte 2016...

AGES: Wir haben zuerst mal alle ein wenig Urlaub gemacht. Jetzt geht's schön langsam wieder los mit Produzieren. Was sich als gar nicht so einfach herausstellt. Weil wir wollen uns ungern wiederholen. Also sind wir gerade ein wenig auf der Suche. Wie kann neues Material klingen? Was interessiert uns gerade überhaupt? Spannend aber auch anstrengend...


LINK: c-tube Profil von AGES