Ban­din­ter­view: Ad Ryan

19.09.2016
Interview und Musikvideo mit Ad Ryan

Interview

AD RYAN - neu Band, neue Songs! Willkommen im Pop- und Rockzirkus, der wohl schönsten Nebensache der Welt. Allerdings habt ihr nicht gerade erst seit gestern Gitarre und Schlagstöcke in der Hand, wie man eurem Profil entnehmen kann: "Die Musiker haben sich ihre musikalische und kreative Professionalität durch die Erfahrung von einigen hundert Konzerten in Clubs und auf kleinen und großen Open-Air-Bühnen in unterschiedlichen Besetzungen und Projekten über viele Jahre erarbeitet": Yeah! Wie, wo und mit wem seid ihr zu so vielen Gigs gekommen?

AD RYAN: Der Kern der Band spielt schon seit mehr als einem Jahrzehnt zusammen... Mit einem vorangegangenen (Rock-Pop-)Bandprojekt, mit dem wir auch ein Album produzierten, konnten wir uns über die Jahre einen gewissen Namen machen. Das Booking sowie den Managementpart der Band nahmen wir in die eigene Hand und konnten uns auf ein Level spielen, bei dem wir schließlich auch überregional gebucht wurden und beispielsweise als Vorband für "Revolverheld" auftreten konnten. Viel Fleiß und Bock auf's Mucken - da kamen über die Jahre einige Gigs zusammen. Dabei schlugen wir für eine Rock-Pop-Band auch ungewöhnliche Wege ein, spielten auf Straßenmusikfestivals im Süden Deutschlands und präsentierten unsere Musik in einem anderen Gewand. Das ist sozusagen auch ein Teil der Vorgeschichte...


Gibt es auch eine (Vor)Geschichte zum Bandnamen, oder wolltet ihr einfach nur möglichst international klingen?

AD RYAN: Der internationale Aspekt ist nicht von der Hand zu weisen, wenn man nicht nur in kleinen Dimensionen denken möchte und natürlich als englischsprachige Band auch über die nationalen Grenzen hinausschaut. Bewusst ist uns natürlich dabei, dass dieser Schritt, internationalen Anspruch zu haben, extrem schwierig ist, wenn man sich gegen eine Vielzahl von gutgemachter oder manchmal auch weniger gutgemachter Musik behaupten möchte. Grundsätzlich freut es uns, wenn der Bandname eine internationale Aura versprüht. Aber bevor wir auf Welttournee gehen, wollen wir uns natürlich erst einmal hierzulande einen Namen erarbeiten. Eine Geschichte zum Bandnamen? Nun ja, es gab ein paar Zufälle und Wortspiele...


Fünf Songs sind aktuell von euch auf der "Day & Night EP" zu hören. Wie sind die Songs entstanden? Klassisches Songwriting im privaten oder Bandproben-Jam mit spontanen Ideen, die später ausgearbeitet wurden?

AD RYAN: Meistens läuft es so ab: jemand hat eine Idee, entwirft im Home Studio eine Skizze und spielt sie den anderen bei der Probe vor. Wenn sie gut ankommt, wird die Song-Idee aufgegriffen, jeder gibt seinen kreativen Input dazu und so entwickelt sich der Song weiter. Mitunter klingt das Ergebnis dann ganz anders als die ursprüngliche Skizze, es ist also ein gemeinschaftlicher Prozess. Spannend ist es dann natürlich immer, welche Wirkung der Song in der Live-Präsentation erzielt - die Bewährungsprobe sozusagen.


Welchen Einfluss hatten die Produzenten am Sound eurer Eigenkompositionen bzw. wieviel Einflussnahme wurde gestattet? Hat sich eventuell durch ihr Zutun in der Produktion etwas ganz anderes ergeben, als zunächst angedacht war? Und wie geht man damit um als Künstler um, als Komponist? Ist man da 'flexibel', eher überrascht oder so doch neugierig, dass man für vieles offen ist?

AD RYAN: Die Produktion der EP ist größtenteils in unserer Hand geblieben. Eine "diktatorische" Einflussnahme hat es in diesem Sinne nicht gegeben, das wollten wir auch vermeiden. Dazu kommt, dass wir alles komplett selbst finanziert haben - somit hatten wir auch das Sagen, wenn man so will. Wir haben zu unserem Produzenten eine freundschaftliche Beziehung, in der wir ihm vertrauen und er uns. Das ist ein wichtiger Aspekt in der Erarbeitung eines Albums. Kritik kann und wird aber auch entgegengenommen und durch sein Zutun sind die Songs noch einmal gereift. Auf der Sound-Ebene des Mixings eröffneten sich in dieser Produktion für uns noch einmal ganz neue Hörerfahrungen, da wir mit einem überragenden Mixer und Vocal Producer gearbeitet haben, der unter anderem bereits mit Boss Hoss, Greenday und Pink zusammenarbeitete.


Auf welchen Instrumenten fühlt ihr euch zu Hause? Macht mit uns einen Rundgang durch den Probenraum!

AD RYAN:
Adrian (Gesang & Keys)
Shure SLX / Beta 58A Set / S10
In-Ear-System: Sennheiser EW300
In-Ears-Kopfhörer VISION EARS V4
Roland-Stage Piano RD 300 GX oder FP-5

André (Gitarre)
Fender Strat Jeff Beck Signature mit Quarterpound-ü Pickups, Fender Stratocaster 1982, Fender Telecaster Mexian Standard
Kemper Profiling Amp, Pod hd500x, PODHD500

Stefan (Gitarre)
Music Man Axis Super Sport, Sommer Cable The Spirit XXL, Kemper Power Amplifier, Orange ppc412, PODHD500, Vision Ears VE3, Sennheiser EW300

Roman (Bass)
Luxor-Bass (70er Jahre Jazzbass-Kopie made in Japan)
Fender Rumble 200 Bass Combo (2014), natürlich von Thomann!

Alex (Drums)
Set: Gretsch/Ludwig
Becken: Paiste Istanbul ufip zultan sabian
Trigger: Norddrum 2 von Roland
Felle: Evans
Sticks: Vic Firth


Inwieweit bedingt die 'heile Welt Potsdams' das Grundgefühl in eurer Musik? Ihr seid dort beheimatet und steigt man dort mit der S-Bahn am Hauptbahnhof aus, kommt einem kundigen Berliner plötzlich die Erkenntnis, das Neukölln im Gegensatz dazu wie ein Ghetto wirkt...

AD RYAN: Zugestanden ist Potsdam schon eine Insel mit Erholungsfaktor, betrachtet man die Großstadt Berlin im Vergleich direkt nebenan. Die Entschleunigung nimmt man hier schon bewusst oder unbewusst wahr. Im trubelreichen Berlin sind wir selber viel unterwegs, zum Teil auch beruflich tätig, fahren täglich bis Mitte, Friedrichshain und Co und sammeln dort Eindrücke, die wir dann abends auf unserer Potsdamer Hazienda inmitten idyllischer Parkanlagen bei Wein und Schnittchen in Songtexten verarbeiten. Eigentlich eine perfekte Kombination: die - wie du es nennst - "heile Welt" in Potsdam und dazu die Weltmetropole nebenan.


Was macht ihr hauptberuflich, um euch nebenberuflich solch exquisite Produktionsstätten wie ein uraltes stillgelegtes Kino im Berliner Bezirk Wedding leisten zu können?

AD RYAN: Auch, wenn ein uralt, stillgelegtes Kino exquisit erscheinen mag und dies auch wahrlich war, konnten wir die Vocal Session umsetzen, ohne uns dabei finanziell zu ruinieren. Über Beziehungen, die unser Vocal Producer hat, kamen wir an diesen einzigartigen Ort kostenfreundlich ran, ohne dabei die Konten von Stadtplanern, Sportlehrern und Musikpädagogen zu belasten.


Das Video zu "Sunrise On A Roof" vermittelt mit tollen, scheinbaren spontanen Aufnahmen der Metropole zwischen der Performance der Band, das Lebensgefühl in der großen Stadt Berlin: Spätkauf, Oberbaumbrücke, Eastside Gallery, Fotoautomaten (ja, immer wieder ein Hit! ;-), nächtliche Taxifahrten, obligatorisches Flaschenbier als Snack für Zwischendurch, der illuminierte Balkonblick auf die Spree usw. usf. Wirkt fast wie eine Ansammlung von Klischees - trifft aber auch die Schwingung in der City auf den Kopf. Mit wem habt ihr diesen ersten Ad Ryan-Clip realisiert? Gab es ein Storyboard oder seid ihr in der Nacht einfach so drauf losgezogen?

AD RYAN: Es war mitunter wirklich nicht einfach, alle nötigen Bilder an einem einzigen Wochenende einzufangen, denn wir waren für die Story des Videos von dem Untergehen bzw. Aufgehen der Sonne abhängig. Bei bestimmten Sonnenständen mussten wir Szene X am Ort X einfangen, dann schnell in den PKW springen und zum Ort Y fahren, um dort Szene Y zu drehen. Es war ein Spagat zwischen den verschiedenen Locations und dem Druck, den uns die Sonnenwanderung machte. Unser Videoproducer Michael Oestreich hatte aber alles im Griff und dirigierte den Dreh professionell und mit kühlem Kopfe. Die Szenen, die entstanden, sind teilweise spontan passiert. Wenn ein Ort interessant und für die Geschichte passend war, dann hieß es: "Achtung, Kamera läuft und Action." So ganz ohne Storyboard wäre das Video, eben aufgrund der naturgegebenen Einflüsse, an einem Wochenende nicht realisierbar gewesen.


Welches Equipment kam dabei zum Einsatz?

AD RYAN: Aufgefahren haben wir eine Vielzahl an Lampen, die den nächtlichen Berliner Himmel und anliegende Straßenzüge in gleißendes Weiß verwandelten - etliche 800W Stufenlinser und 2 x 2KW Stufenlinser. Hähne wurden dadurch in ihrem Tagesrhythmus so gestört, dass sie dachten, es sei Tagesanbruch und mit einem Male vernahmen wir aus allen Himmelsrichtungen ein lautes Kikeriki. Die Canon 5D Mark III Kamera wurde für die Kamerafahrten auf einen Jib Arm montiert und mit mehreren Festbrennweiten (35mm, 50mm und 85mm) und einem 11mm Weitwinkel je nach Einstellung versehen.


Kam es beim nächtlichen Getrommel auf den Dächern Berlins zu Anzeigen wegen Ruhestörung der Anwohner? Musstet ihr wegen Sicherheitsbestimmungen eine Begehung mit der Feuerwehr machen? Oder macht man einfach und dann ist's auch gut?

AD RYAN: Die Kühle dieser Oktobernacht ließ wohl unseren Verstand für einen Moment einfrieren, als wir unbekümmert über den Dächern Berlins den Sonnenaufgang lautstark und schamanisch herbei trommelten. An dieser Stelle entschuldigen wir uns für die Ruhestörung... Unseren Song haben wir mit Karabiner und Fallschirm performt. Dies waren die Auflagen der Feuerwehr.
Nein, ganz im Ernst, eigentlich haben wir einfach recht unbekümmert drauflos gelegt.


Fünf Tracks sind noch kein Album. Deswegen hören wir die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass ihr bereits ein selbiges in Angriff genommen habt. Wie geht ihr das an? Konzept oder Einzelstücksammlung? Mehr schreiben als gebraucht und dann aussieben? Kollaborationen? Wie weit seid ihr?

AD RYAN: Die Spatzen haben richtig gepfiffen... dann, wenn die Nachtigallen zwitschern, sitzen wir häufig erst im Proberaum und werkeln an unseren Songs, die soweit für ein Konzeptalbum kreiert werden. Dabei werden es hoffentlich mehr als genügend Songs sein, damit wir final aus einem großen Topf die Rosinen herauspicken können, welche die Tracklist unseres Debütalbums zieren werden. Für Features sind wir übrigens immer offen, konkret geplant ist bisher aber noch nichts. James Bay, wenn Du das liest, ruf uns doch mal an...


Als moderne Band setzt ihr auf ein Label, das noch nicht einmal eine eigene Homepage anbieten kann: Hot Rock Records. Wie soll da das Marketing funktionieren? Selbst auf facebook wird nur Folgendes angezeigt: "Diese Seite wurde automatisch anhand der Interessen der Facebook-Nutzer generiert und ist mit keiner Person im Zusammenhang mit diesem Thema verknüpft oder deren Eigentum." Wie seht ihr das?

AD RYAN: Wir sind froh, dass wir ein Label gefunden haben, welches uns ermöglichte, dass wir unsere EP problemlos auch als physisches Produkt in der Hand halten und nicht nur über den digitalen Weg vertreiben können. Es ist ein wunderbares Gefühl, etwas in der Hand zu halten und von der Bühne aus visuell zu präsentieren, und nicht nur auf Amazon, iTunes und Spotify hinzuweisen. Es ist in diesem Sinne auch kein typischer Labeldeal, sondern eher ein Vertriebsdeal, der uns obiges ermöglicht.


Wie sehen die nächsten Schritte für die Entwicklung der Band aus?

AD RYAN: Das Prio-Thema ist die Erarbeitung unseres Debütalbums. Die EP "Day & Night" war das erste Ausrufezeichen für einen solchen Plan. Parallel werden wir dann alles in Gange setzen, um ein hoffentlich erfolgsversprechendes Werk nach außen zu tragen. Das bedeutet weiter präsent zu bleiben, Fotos zu machen, möglicherweise einen zweiten Videoclip zu produzieren und natürlich der mitunter mühsame und hoffentlich erfolgreiche Bemusterungsmarathon von Medienpartnern, Verlagen und Labels.


LINK: c-tube Profil von AD RYAN