Vor einer Weile hatte ich mir den Boss RC-505 (MKI) zugelegt. Ich hatte Videos gesehen, wie Leute damit wirklich coole Sachen gemacht haben. Aber das Bedienkonzept, vor allem das alphanumerische Menü, die Tatsache, dass man bei jedem neuen Loop alle Grundeinstellungen neu vornehmen muss, etc. haben mich dazu veranlasst, das Gerät wieder zu verkaufen.
Für kleine Auftritte habe ich mir dann den Boss R-1 zugelegt, aber das sind natürlich Welten.
Also habe ich mich auf die Suche nach was Besserem gemacht. Loops speichern können, auf jeden Fall. Mehrere Spuren, ja. Und top MIDI Synchronisation. Die funktioniert bei meinem Valeton GP200 nämlich gar nicht. Deswegen war ich den Valeton Loopern gegenüber auch entsprechend skeptisch, obwohl preislich sehr interessant (das GP200 is ansonsten super).
Mehrere Spuren: Da gibt es wenig Auswahl, eigentlich nur Boss / Valeton, aber einen Boss wollte ich nicht wieder haben. Zu groß die Gefahr, wieder in der Bedienhölle zu landen. Zumal ich Features wie Effekte (sind eh eher mau) und Drums (dito) nicht benötige.
Aber bei zwei Spuren kommt man dann schon schnell an die Grenzen und die Begehrlichkeiten wachsen, so dass man hinterher wahrscheinlich denkt, hätte ich doch mal mehr Geld ausgegeben.
Bleiben also (für mich) nur Boss RC-600 und Singular Sound Aeros übrig.
Die zum Teil wenig begeisterten Bewertungen des Aeros Basismodels (die Gold-Edition unterscheidet sich wirklich nur durch die - lautlosen - goldenen Knöpfe, die sich absolut super, auch mit der Hand bedienen lassen - soviel vorweg) sind überwiegend aus 2020 und beziehen sich auf eine frühe Firmware Version. Da klingen die Bewertungen der neueren Gold Edition (Firmware 5.2) deutlich besser.
Lange überlegt, ob ich soviel Geld ausgeben will / soll, dann aber doch zugeschlagen. Dabei erstmal vorsichtig und analytisch vorgegangen, die Moneyback Garantie im Hinterkopf, sollte ich nicht wirklich zufrieden sein. Das ist schon ein super Service.
Aber noch am selben Abend, nach Eintreffen und Test des Geräts, habe ich schon die Schutzfolie abgezogen und das Teil in mein Setup eingebaut. Und da komme ich auch zum einzigen wirklichen Kritikpunkt (daher ein Stern Abzug bei Verarbeitung): Der Ein / Aus Schalter. Position und Art des Schalters können dazu führen, dass das Gerät versehentlich ausgeschaltet wird. Zum Beispiel durch ein benachbartes Pedal.
Ansonsten macht die Hardware aber einen sehr guten Eindruck.
Nach dem ersten Anschalten erstmal die Wifi Verbindung hergestellt. Und da merkt man schon deutlich den Unterschied zu anderen Geräten. Zur Eingabe von Daten (Songnamen, etc.) gibt es eine On-Screen Tastatur. Die ist zwar klein und man braucht ein wenig Geschick, aber ein Quantensprung gegenüber den Konzepten der Konkurrenz.
Der Touchscreen ist manchmal etwas träge, ja, aber das hat man schnell adaptiert.
Danach wurde automatisch die neueste Firmware installiert. Der Aeros startete bei Einführung mit Firmware 2.1 und ist mittlerweile bei Version 5.2 angelangt. Wenn man sich die zugehörigen Changelogs ansieht, weiß man, was sich da für eine Entwicklung vollzogen hat. Das automatische Update Feature per Wifi ist daher wirklich sinnvoll und nicht nur ein Prestigeobjekt.
Weiteres erfreuliche Detail, eigentlich sensationell: Die Bedienoberfläche lässt sich auf Deutsch umstellen. An den meisten Settings sind zudem Info-Buttons mit z.T. ausgiebiger Beschreibung der jeweiligen Funktion.
Für die Entscheidungsfindung hatte ich mir im Vorfeld ein paar Review-Videos angeschaut, war also mit dem grundlegenden Bedienkonzept schon ein wenig vertraut. Onboard ist zudem ein Quickstart-Guide, den habe ich aber gar nicht gebraucht, um schon am ersten Abend das Gerät ohne Probleme bestimmungsgemäß verwenden zu können.
Ich habe erstmal einen 2x2, am zweiten Abend einen 6x6 Song (mit 5 Spuren und 5 Parts belegt) angelegt. Datei das Ganze per MIDI mit Drumcomputer (Volca Sample) und System1 Synthi synchronisiert. Und das funktioniert absolut tadellos, inklusive Start und Stop Signal.
Die Bedienung, die Features und die Einstellmöglichkeiten des Aeros sind absolut praxisorientiert und erlauben einen stressfreien, intuitiven
und musikalischen Workflow. Wenn man einmal die grundlegenden Konzepte verstanden und verinnerlicht hat (was schnell geht), dann kommt man schnell zu beeindruckenden Ergebnissen und hat auch noch Spaß dabei.
Die Möglichkeiten sind absolut flexibel. Z.B. können Loops in einem Part unterschiedlich lang sein, einer also 4, der andere 8 Takte. Man spielt also beim zweiten Take einfach weiter.
Durch die Quantisierungsoptionen und den Vorzähler (Click Optionen sind vielfältig und praxisnah, z.B. nur Record bei erster Spur - da hat jemand mitgedacht) ist man immer richtig im Timing. Ein Detail aus der Bedienungsanleitung (sehr ausführliche 170 Seiten, allerdings nur auf englisch): Es gibt eine sogenannte 'Loop Forgiveness Zone' beim Starten und Stoppen von Recordings. Das ist ein Zeitfenster von 300ms innerhalb dessen ein verspätetes / versäumtes Drücken des Buttons entsprechend korrigiert wird. Das sind Details, die mich an die Macher des Produkts glauben lassen.
Unbedingt vorab Videos zur Bedienung ansehen. Das muss man so wollen. Dann aber hat man ein einzigartiges Gerät, von dem ein Boss RC-600 Welten entfernt ist. Die DAW kann jetzt erstmal aus bleiben.