
42 Jahre waren Ost- und Westdeutschland getrennt. Am 09.11.1989 dann die erlösende Nachricht: Die Ausreise über sämtliche DDR-Grenzübergänge ist wieder möglich! Es war ein kollektives, euphorisches Glücksgefühl. Vermutlich gibt es keinen unter uns Zeitzeugen, der die Bilder von damals nicht vor Augen und die wiedervereinenden Songs nicht in den Ohren hat. Zum Tag der Deutschen Einheit hier einige Titel für eure Playlist rund um den Mauerfall …
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„Heros“ – und das legendäre Konzert von David Bowie
Immense Wirkung hatte das Konzert von David Bowie am 06. Juni 1987 am Reichstag hinter dem Brandenburger Tor. Organisiert war das als Festival gemeinsam mit Genesis und den Eurythmics. Bowie war prominenter Wahl-Berliner. In „Heroes“ sang er von zwei Liebenden, die im Schatten der Berliner Mauer zusammenkommen. Es war wie Hoffnung- und mutmachender Ruf über die Mauer hinweg. Ganz so, als reiche er den Menschen auf der anderen Seite die Hand.
Auf der Ostseite kam es zu Ausschreitungen. Die DDR-Fans riefen „Die Mauer muss weg“. Noch war die ostdeutsche Führung damit nicht einverstanden. Aber die Proteste, die Menschen wieder zusammenführen sollten, nahmen ihren Lauf.
„Go West“ – Pet Shop Boys
Auch die Pet Shop Boys waren mit ihrem Hit „Go West“ an der verbindenden Kraft der Musik nicht unbeteiligt. Ganz im Gegenteil. 1993 finden in der U.D.S.S.R. die ersten freien Wahlen statt. „Go West wird zum Hit. Unbedingt beeindruckend, wenn wir einen Blick auf die Details werfen: Erstens stammte die Melodie aus einem Kanon des deutschen Barockkomponisten Johann Pachelbel. Genau darauf basiert die russische Nationalhymne.
Der Text wiederum handelt eigentlich von der Sehnsucht der Homosexuellen nach einem liberalen Kalifornien und wurde gewissermaßen zur Hymne der Schwulen- und Lesbenbewegung. Mit nur wenigen hinzugefügten Zeilen passte „Go West“ in der Version der Pet Shop Boys wiederum perfekt zum Ende des Kalten Krieges. Aufgrund der zahlreichen Kontraste ein Popsong mit Gänsehautfaktor gegen Aus- und Abgrenzung, der ganz sicher auch am Tag der Deutschen Einheit 2020 wieder gespielt wird.
„Looking for Freedom“ – David Hasselhoff
Von manchen aufgrund der Schlager-Attitüde belächelt, von anderen geliebt: David Hasselhoff schafft mit „Looking for Freedom einen der bekanntesten Titel der Wende schlechthin. Hunderttausende Menschen mit vielfach unterschiedlichem Musikgeschmack liegen sich in den Armen, schunkeln und grölen überglücklich „I’ve been looking for freedom“. Auch dieser Titel war nicht speziell für den Mauerfall geschrieben. Eigentlich handelt er auch von einem anderen Thema. Aber der Songtitel passte einfach perfekt. Manchmal braucht Musik nur eine winzige Zeile, um Menschen zu vereinen. Und bevor hier wieder Gerüchte aufkeimen: David Hasselhoff weiß sehr wohl, dass „sein“ Lied, das im Original schon 1978 das Licht der Welt erblickte, nicht die Berliner Mauer zu Fall brachte. Er war schlicht im richtigen Moment mit dem richtigen Songtitel am richtigen Ort.
„Sonderzug nach Pankow” – Udo Lindenberg
Schon lange vor der Maueröffnung gab es diese musikalisch ambitionierten Fußspuren. Direkt an den Erich Honecker adressiert war „Sonderzug nach Pankow“ von Udo Lindenberg. Mit dem Mauerfall oder dem Tag der Deutschen Einheit hatte der Song nicht direkt zu tun. Aber er wurde zum Türöffner.
Udo wollte bereits 1979 vor seinen Fans in Ost-Berlin auftreten. Schriftlich abgelehnt wurde das mit den Worten „Auftritt in der DDR kommt nicht in Frage“. 1983 schrieb Lindenberg den ironisch despektierlichen Text und sang gegen die Entscheidung an. Letztlich erfolgreich: Am 25. Oktober 1983 trat er im Palast der Republik auf. Ein sinnstiftendes Beispiel dafür, dass Musik Grenzen und Ressentiments überwinden kann. #ThePowerOfMusic ❤
Bruce Springsteen: mutmachend & verbindendes Rock’n’Roll-Statement
Das größte Konzertereignis in der DDR war das das Konzert von Bruce Springsteen am 19.07.1988 auf der Radrennbahn Weißensee. Mehr als 160.000 Zuschauer verfolgen den schweißtreibenden, intensiven und emotionalen Auftritt. Der „Boss“ tobt sich vier Stunden lang aus. Dann der Gänsehautmoment, in dem mindestens genauso viele Menschen seine Ansprache hören: „Es ist gut, in Ost-Berlin zu sein. Ich bin hier nicht für oder gegen irgendeine Regierung. Ich bin gekommen, um für euch Rock’n’Roll zu spielen, für euch Ost-Berliner, in der Hoffnung, dass eines Tages alle Barrieren umgerissen werden.“
„Farbfilm“ – Nina Hagen – schrill und unangepasst
Immer exzentrisch und schrill war uns ist die „Godmother of Punk“ – Nina Hagen. Ganze 14 Jahre vor dem Mauerfall veröffentlichte die Ikone den Titel „Du hast den Farbfilm vergessen. Es sollte der größte Hit in der DDR der rebellischen Ikone aus Ost-Berlin werden. Auch als Hommage an Nina wird der Farbfilm auf jeder Wiedervereinigungsfeier abgespielt.
„Wind of Change“ – Scorpions – die Freiheit herbeigepfiffen
Sommer 1989; Klaus Meine von den Scorpions wird zugeflüstert, dass die Wende in der Luft liegt. „Geflüstert“ mag der falsche Ausdruck sein. Immerhin befanden sie sich auf einem Rockfestivalmit 250.000 Fans in Moskau. Die Menschen sprachen davon, die Zeit des Kalten Krieges sei bald vorbei. Laut Klaus Meine eine „unglaubliche Stimmung. Es war nichts Geringeres als die Inspiration für eine der bedeutendsten Wende-Hymnen schlechthin.
„Sascha“ – Die Toten Hosen
Sogenannte Bluesmessen kamen im Osten auf. Auftritte in Kirchen, die nicht genehmigt, aber eben auch nicht verboten waren. Die Toten Hosen spielten 1983 und 1988 zwei illegale Gigs in Ostberliner Kirchen. Sie wurden zu Mutmachern und Mahnern zugleich. Und sie engagierten sich auch weiterhin für die Einheit. Nämliche gegen gesellschaftliche Phänomene wie der teils wieder aufkeimenden Abgrenzung. Etwa mit dem Song „Sascha … Ein Aufrechter Deutscher“, der sehr direkt und zugleich reflektiert vor den möglichen Schattenseiten des neuen Deutschlands warnte. Viel Spaß mit diesem Video, inklusive Nasenflötensolo! 😁
„Freiheit“ – Marius Müller-Westernhagen
Auch „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen wurde nicht für den Mauerfall geschrieben. Marius hatte den Titel bereits 1987 veröffentlicht. Umso interessanter, dass der Song – wie auch viele andere – ein Eigenleben annahm und zu einer der Hymnen der Gemeinsamkeit wurde. Die Menschen sehnten sich nach Chancen in einer freien Zukunft.
Manchmal gibt es eben diesen besonderen Text, exakt passend zu einem weltbewegenden Ereignis. Und das ist gut so. Westernhagen war auch in den Jahren danach allerdings konsequent ehrlich: Er hat den Song weder bei Wiedervereinigungsfeiern und auch viele Jahre nicht auf Tourneen gespielt. Marius stand absolut hinter der Sache, wollte sich aber nicht mit falschen Federn schmücken.
https://youtu.be/bI7I696OSpk
Techno meldet sich aus Ost und West gleichzeitig zu Wort
Clubs, Tanzen und Musik ließen die beiden Hälften Deutschlands wieder zusammenwachsen. Nach Öffnung der Mauer geschah etwas Wundervolles. Jugendliche kamen auf dem ehemaligen „Todesstreifen“ und in durchaus kuriosen Clubs zusammen, um zu feiern. Und zwar zu damals noch sehr jungen Tracks. Das frisch entstehende Genre nannte sich Techno. Die Raves zeigten, wie die Power der Musik Menschen verbindet und Arm in Arm Neues entstehen lässt. Techno wird zum Soundtrack des Mauerfalls und zur treibenden Kraft der grenzfreien Gemeinsamkeit.
Und dann waren da noch U2 und die Wiedervereinigung
Nebenbei erwähnt, erlebten U2 während des Tags der Wiedervereinigung eine kuriose Situation. Einen Tag, nachdem am 09. November 1989 in Berlin die Mauer fällt, spielen U2 ein Konzert während ihrer Neuseeland-Tournee. Und dabei widmen Sie den „mutigen Menschen in Ostdeutschland“ einen Song. Pünktlich zum Tag der Wiedervereinigung landet die Band in Berlin.
Die Musiker mischen sich unter die Leute, wollen mit den Berlinern die Wiedervereinigung feiern. Aber kurioserweise scheinen die Menschen keineswegs fröhlich. Dann erst bemerken sie, dass sie mit einem Protestzug laufen: Menschen, die gegen die Wiedervereinigung demonstrierten. Das legendäre Album „Achtung Baby“ wurde bewusst am und um den 03. Oktober 1990 aufgenommen, das Meiste in den Berliner Hansa-Studios – inklusive ganz viel Einfluss durch den Mauerfall.
*Wandbild Trabi auf der Mauer von Birgit Kinder
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Dein Feedback: Songs der Wende & der Deutschen Einheit
Selbstverständlich gibt es zahlreiche weitere Künstler, die ihre Gedanken zum Mauerfall und Tag der Deutschen Einheit in musikalische Worte gefasst haben. An welche Musiker, Songs und Gänsehautmomente erinnert ihr euch noch besonders gut?
Sophie Heidelberger sagt:
…mein ganz persönliches Wende-Lied ist „Still Loving You“ von den Scorpions. Das verbindet mich mit einem für mich ganz wichtigen Menschen aus dem Osten. ❤️🧡💛💚💙💜
Franziska sagt:
Hallo Sophie!
Oh wie schön! 🥰
Vielen Dank für deinen Kommentar. Wünsche dir eine schöne Woche! 🙌
Sophie sagt:
Danke, Franziska! Das wünsche ich dir auch!
Thorsten sagt:
Ein schöner Blog zur Einheit der mich mal wieder daran erinnert hat, wie genial Lindenbergs „Sonderzug nach Pankow“ damals war ….
Für mich war immer klar, dass wir alle zusammen gehören!
Ulrike Isabella sagt:
Mit dem Trabbi durch die Mauer. Mit dem Trabbi durch die Wand
sprengten wir einst alle Ketten.
Was stets getrennt, sich nun verband.
Dies sind die ersten Zeilen meines Gedichts zum Mauerfall.
PUHDYS,KARAT,CITY,STERN COMBO MEISSEN…
Eine ganz unglaubliche Musikszene hatte man damals
.CITY „AM FENSTER“ PUHDYS „FLIEG VOGEL FLIEG“.
Sie durften das politische System nicht gefährden,
sangen DURCH DIE BLUME von Freiheit.
Diese Songs sind unvergessen. Bin der gleiche Jahrgang,1962, wie Hans Thomann Junior.
Wir waren Zeitzeugen von vielem, was heute GESCHICHTE ist.
„Geschichten, die das Leben schreibt.
Erinnerung ist das, was bleibt.“
Zitat von mir.
Alles Gute nachträglich Herrn Thomann zum 61. Geburtstag.:-)
Und lieben Gruss and grooves an die Gitarrenabteilung.
IZABELLA MOONSHINE RECORDS L.A. Hessen