Ban­din­ter­vi­ew: Mar­ce­e­se - Life is worth a ride

21.06.2016
Musikvideo und Interview mit Marceese

Entrevista

Dies wird sozusagen das offizielle Abschiedsinterview mit MARCEESE! Du hast mitten in einer blühenden Singer-Songwriter-Karriere die Entscheidung getroffen, dich umzubenennen. Boahhhh, das nennen wir mal einen mutigen Schritt! Wie kommt es dazu?

MARCEESE: Marceese ist wohl ein eher außergewöhnlicher Name, egal wo ich auftauche und mich vorstelle, kommt oft die gleiche Reaktion: Ach sooo spricht man das aus! Wir haben schon alle überlegt… Da dachte ich mir, wenn man es kaum richtig aussprechen kann, wie soll man sich den Namen dann merken? Also entschied ich mich, mein musikalisches Solo-Projekt ab Januar BABY KREUZBERG zu nennen. Das kann jeder aussprechen und gegebenenfalls sich auch merken. Außerdem klingt es irgendwie nach mir, wie ich finde. Und es gibt mir die Freiheit mögliche Gastmusiker einzuladen ohne gleich sagen zu müssen: Marceese & Guests… oder so.

Einem Namenswechsel in der Kunstszene liegt auch immer die Absicht einer bewussten Transformation des Images zugrunde. Fürchtest du dabei nicht um die Akzeptanz deines bisherigen Publikums, das du seit Jahren, wie kaum ein anderer Berliner Gitarrero, überall in der Republik bespielst, auf kleinen und großen Bühnen, im Norden und Süden, im Westen und Osten?

MARCEESE: Nee, im Gegenteil. Ich hoffe, dass das bisher gewonnene Publikum mich wiederfindet und ich neue Leute durch den übersichtlichen Bandnamen erreiche. Imagewechsel hab ich jetzt auch nicht unbedingt geplant, aber wer mein Schaffen verfolgt kann eine natürliche Veränderung des Sounds erkennen. Diese stete Veränderung wird sicher bleiben. Der Weg ist das Ziel.

Dazu passt die nächste Frage wie die Faust aufs Auge ;-) Wo um Himmels Willen bekommt man eine offizielle, alle deine Releases und Seitenprojekte abdeckende Diskographie geliefert, die vollständig und übersichtlich ist?

MARCEESE: Ich gebe mir Mühe alles zusammenzutragen auf: http Doppelpunkt Doppel-Smash babykreuzberg Punkt bandcamp Punkt com. Einige wenige Veröffentlichungen fehlen noch, aber ich denke da hat man erstmal was zu hören für ein paar Tage ;-)

[B|Du hast ja eine besondere Liebe zu den Songs der amerikanischen Hardrock-Band KISS. Nach deinem KISS-Cover-Album BABY DRIVER in 2013 kam 2015 das KISS-Tribute-Album HAVE LOVE, WILL TRAVEL. Letzteres wurde für den Preis der deutschen Schallplattenkritik 2015 in der Rubrik Folk & Singer/Songwriter nominiert. Alle Achtung, Herr Trabus! Wie ist die Sache ausgegangen und kann man sich für eine solche Nominierung etwas kaufen?[/B]

MARCEESE: Ich war leider nur auf der Longlist und das war es. Kaufen kann man sich davon jetzt nichts, aber es fühlt sich schon gut an, für einen so wichtigen Preis wie diesen nominiert worden zu sein. Und es bestätigt die Annahme, dass man seinen Schuh durchziehen muss. Ohne wenn und aber.

Welcher Unterschied besteht eigentlich zwischen einem Cover- und einem Tribute-Album?

MARCEESE: Tja, gute Frage. Ich schätze das ist einigermaßen dasselbe. Tribut-Album klingt etwas mehr nach Verneigung vor dem Original, wohingegen ein Cover-… ach keine Ahnung. Mal googeln…

Bei der mittlerweile über vierzig Jahre andauernden Geschichte von KISS ist es sicherlich nicht so einfach gewesen, das Tracklisting zusammen zu stellen, oder doch?!? Nach welchen Kriterien hast du die Songs heraus gefischt?

MARCEESE: Na, mein Plan ist es ja, alle KISS-Songs aus ihrer maskierten Phase, also bis 1981, neu zu interpretieren. Das sind 12 Alben, also circa 120 Tracks. Ich setze mich hin spiele ein paar Nummern und wo mir spontan was schönes zu einfällt, da bleibe ich dran und nehme den Song auf. Easy as it seems.

Also wird es ein drittes Cover/Tribute-Album geben?

MARCEESE: Definitiv ja. Insgesamt sollten es 12 werden! Für 2016 steht natürlich wieder eins auf meiner to-do-Liste.

Wenn wir deine vielen Auftritte in Betracht ziehen und dann noch deine Videos anschauen, gerade auch das aktuelle LIFE IS WORTH A RIDE, dann drängt sich uns die Frage auf: woher nimmst du den Mut und die Leidenschaft, immer wieder vor ein Publikum zu treten, dessen Zuneigung und Akzeptanz man sich nicht immer sicher sein kann? Gibt es auch Momente der mulmigen Gefühle, oder gar der Versagensangst?

MARCEESE: Ich habe einfach Bock live zu spielen. Und Versagensangst habe ich nicht. Klar, es gibt Abende wo ich etwas aufgeregt bin, das sind meistens die kleinen Wohnzimmerkonzerte, wenn die Leute direkt vor dir sitzen. Aber je größer und mehr Leute, desto besser. Dann ist auch der Sound besser, deshalb mache ich das ja auch. Ich will Sound machen. Es gibt sicher Leute da draußen, die auf meinen Sound stehen. Das ist eben die große Challenge, diese Leute zu finden. Ich werde natürlich nicht überall sofort gefeiert, das passt schon - ich finde ja auch nicht immer alles geil. Dann hinterfragt man auch mal Songs, das ist doch gut. Raus aus der Komfortzone.

An dieser Stellelle möchten wir aufgrund deiner frankophilen Wurzeln auch mal wissen, wie du die Terroranschläge in Paris wahrgenommen hast? Ein Konzert als Ort eines Massakers, mit einer Band involviert, die nur um Haaresbreite dem Tod entronnen ist, was fast 90 Besuchern nicht vergönnt war…

MARCEESE: Es ist der Wahnsinn. Ich bin wirklich geschockt. Auch weil es bei den Eagles Of Death Metal war. Eine Band, die ich auch schon mehrfach live gesehen habe - dann kommt einem das alles noch viel näher vor. Ich habe an dem Abend danach ein Konzert in Halberstadt gespielt, irgendwie war alles anders. Ich hatte die ganze Zeit Kopfkino und finde es nach wie vor unfassbar wie brutal und radikal Menschen vorgehen können, weil sie uns ihre Meinung aufdrücken wollen. Ich habe auf meinem ersten Solo-Album den religionskritischen Song DISSIDENT, den ich auch in Halberstadt gespielt habe. Und er war so krass aktuell, dass mir ein Schauer über den Rücken lief als ich den gespielt habe.

Kommen wir nochmals zum Einstieg des Interviews: was versprichst du dir vom Ablegen deines bisherigen Künstlernamens? Was wird sich für den geneigten Zuschauer/Zuhörer/Fan konkret ändern?

MARCEESE: Konkret wird sich wohl nichts ändern. Ich bleibe der gleiche, spiele den Sound auf den ich Bock habe. Love it or leave it. Ich bin nicht hier um Erwartungen zu bedienen, ich will Musik machen. Die Änderung des Künstlernamens… tja, hab ich jetzt einfach Lust drauf. Also mach ich es ;-)

Für 2016 hast du bestimmt nicht nur ein Ass im Ärmel, oder?! ;-) Was steht an?

MARCEESE: Tatsächlich steht einiges an. Ich will meine Tour-Pläne weiter ausbauen. Wenn alles nach Plan läuft, kommen mehrere Veröffentlichungen in 2016. Neben dem ersten Baby Kreuzberg-Album, kommt ein Progressive-Folk-Sideprojekt, an dem ich schon eine Weile im Studio schraube Namens YER INTERNATIONAL HUMBUG, meine Desertrock-Band RED STONER SUN wird ein neues Album und eine Tour ende des Jahres abliefern und ein KISS-Tributalbum steht ja wohl auch wieder an. Ist das herrlich!

LINK: c-tube Profil von MARCEESE