Ban­din­ter­vi­ew: Bre­athe Atlan­tis

27.11.2016
Interview und Musikvideo mit Breathe Atlantis

Entrevista

Was hat euer Bandname mit Platons mythischen Inselreich zu tun?

BREATHE ATLANTIS: Hahaha, relativ wenig, leider. Wir beziehen uns mit unserem Bandnamen auf E. T. A. Hoffmanns "Der goldene Topf", in dem "Atlantis" - frei interpretiert - die Verlandschaftlichung der Poesie, der Künste und der Leidenschaft bedeutet. Diese Wirklichkeit versteht sich als Pendant zum Gesellschaftsleben. Beide Welten sind für uns bedeutsam, denn einerseits sind wir alle eingewoben in den gesellschaftlichen Strukturen, andererseits nutzen wir die Kunst, unsere Musik, um innerhalb dieser Ordnung etwas zu verändern. Wir atmen Poesie, um uns selbst zu verwirklichen - und um etwas zum kulturellen Schaffensprozess beizutragen. Metaphorisch ausgedrückt: Wir atmen Atlantis ("Breathe Atlantis"). Platons Überlieferung spendet da eher das mystische Motiv für Hoffmann.


Euer Album FUTURESTORIES ist dieses Jahr erschienen. Dabei habt ihr in enger Kooperation mit dem amerikanischen Produzenten Dan Korneff zusammengearbeitet, der mit bekannten Interpreten wie PAPA ROACH und MY CHEMICAL ROMANCE in Verbindung steht. Wie kam der Kontakt zustande und wie wichtig war er für euch?


BREATHE ATLANTIS: Die Zusammenarbeit mit Dan hat uns wirklich weit nach vorne gebracht, denn alleine als Musiker haben wir uns während der Zeit in New York stark weiterentwickelt. Wir sind sehr dankbar für die Erfahrung, die wir dort im Studio sammeln durften - und Dan hat auf jeden Fall auch seinen Beitrag zum Album geleistet. Viele Bands wollen einen amerikanischen Produzenten, um so zu klingen wie X oder Y oder Z. Dan macht es genau umgekehrt: Er hört sich in die Lieder ein, erkennt, was die Band ausmacht, und schafft es, diese Stärken noch klarer hervorzuheben. Und das nicht nur bezogen auf das Songwriting (wir haben mit Dan schon während der Vorproduktion von FUTURESTORIES an den Lieder gearbeitet), sondern auch was den Klang des Albums angeht. Er hat uns eine ganz eigene Sound-Welt kreiert - und das hört man auch. Der Kontakt kam sehr natürlich zustande. Wir haben zusammen mit unserem Label unsere Wunschkandidaten angeschrieben. Dan Korneff stand da ganz oben auf der Liste. Als es dann bei einem ersten Skype-Gespräch sowohl musikalisch als auch freundschaftlich direkt gefunkt hat, war die Entscheidung eine leichte.


Punktgenaue Betonungen und fetzige Effekte machen euren Sound aus. Welches technische Equipment nutzt ihr dafür?

BREATHE ATLANTIS: Mittlerweile sind wir auf eine komplett digitale Lösung umgestiegen (abgesehen natürlich von unserem Drum-Set und den Saiten-Instrumenten, die sind noch aus echtem Holz) und sind damit unglaublich zufrieden.
Unsere beiden Gitarristen und ich, der Bassist, spielen Kemper Profiling Amps. Da ist an Effektpedalen tatsächlich gar nichts mehr nötig, da die Jungs von Kemper ständig mit neuen Firmware-Updates um die Ecke kommen. Jetzt gerade gab es zum Beispiel eine ganze Palette an neuen Delays, die schon sehr nah an Eventide und Co. herankommen. Natürlich kann man uns auch mit einem saftigen Röhrensound überzeugen, aber wer des lästigen Schleppens leidig ist, dem können wir eine digitale Alternative empfehlen, zumal man mit Profiling Amps auch maximal flexibel sein kann. Natürlich verleitet das auch zu stundenlangem Herumspielen, aber einfach mal eben kurz z.B. einen "Peavy 5150" mit einem "Triple Rectifier" im Wohnzimmer im AB-Vergleich zu haben, ist schon eine tolle Sache. Apropos Flexibilität: Live sind wir mit Gitarren-Wireless-Units von Sennheiser (EW572) und In-Ear-Monitoring unterwegs und können uns den Monitor-Sound selbst per X32-Konsole und Smartphone-App nachregeln. Das gibt viel Sicherheit, zum Beispiel, wenn mal kein Monitor-Mischer an Bord ist.


Alternativer Rock aus Essen... Diese Stadt ist eher für ihre Schauspielschule bekannt.

BREATHE ATLANTIS: Im Ruhrgebiet gibt es verdammt viele und auch talentierte Bands in der Metalcore-/Posthardcore-Szene. Wir selber kommen ursprünglich auch aus diesem Bereich, haben unser musikalisches Spektrum aber in den letzten Jahren ausgedehnt. Insbesondere der Fokus auf die cleanen, teilweise R'n'B inspirierten Gesangslinien, aber auch die elektronischen Elemente oder die poppigen Stellen, die zum Mitsingen einladen, spiegeln unseren Entwicklungsprozess. Trotz alle dem hört man, wo wir herkommen - unsere musikalische Sozialisation -, und dass wir uns treu geblieben sind. Jeder Song auf FUTURESTORIES zeigt eine spezifische Facette von uns.


Namenhafte Bands, wie MEMPHIS MAY FIRE, THE WORD ALIVE, BURY TOMORROW und CALLEJON, habt ihr schon supportet. Konnten dabei auch feste Freundschaften entstehen? Was ist das spannendste beim Support namenhafter Künstler?

BREATHE ATLANTIS: Da kann ich ein wunderschönes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit anbringen. Vor ein paar Wochen haben wir SUM 41 supportet - und damit ist ein Jugendtraum für uns in Erfüllung gegangen, denn mein allererstes Konzert war SUM 41. Die Jungs waren echt super cool drauf und haben sich sogar bei uns dafür entschuldigt, dass sie beim Soundcheck 5 Minuten überzogen haben und dass sie sich auf uns freuen. Das war eine große Ehre für uns und ist keinesfalls der Normalfall. Ja, man lernt seine Idole von früher nochmal auf einer ganz anderen, persönlichen Weise kennen, was einfach unbeschreiblich ist. Ein anderes Beispiel wäre etwa, dass Robert, unser Booker, der Bassist von BOYSETSFIRE ist und wir in täglichem Austausch stehen. Das hätte ich mir damals, als ich BSF zum ersten Mal live gesehen habe und bei "After the Eulogy" ein Stück vom Zahn im Moshpit verloren habe, niemals vorstellen können.


Das Album FUTURESTORIES hat echt ein schönes Artwork. Seid ihr sehr naturverbunden? Welche Message hat das Bild?

BREATHE ATLANTIS: Danke erst einmal für das Kompliment. Für uns war bei der Gestaltung des Artworks von Anfang an wichtig, dass es in einem natürlichen und vor allem positiven Stil gehalten ist. Die Message des Albums ist absolut lebensbejahend - und das soll bereits das Cover ausdrücken. Wir behandeln in unseren Texten zwar auch viele soziale Probleme der heutigen Zeit, aber die Direktion ist stets hoffnungsstiftend. Die Bilder des Artworks sind somit nicht nur vom Inhalt, sondern auch schon vom Stil ein Teil des Konzepts.


Als erfolgreiche Alternativ-Newcomer könnt ihr folgende drei Tipps allen unentdeckten Newcomern auf den Weg geben, wenn sie schnellen Erfolg haben wollen...

BREATHE ATLANTIS: Ein schneller Erfolg ist vielleicht gar nicht so wünschenswert. Drei von uns (Joschka, Hara und ich, Marvin) machen schon seit über 10 Jahren zusammen Musik. Was ich aber auf jeden Fall jeder Band raten kann, ist: 1. Zusammenbleiben, nicht aufgeben und auch harte Zeiten zusammen überstehen, 2. Sich treu bleiben, nur die Musik machen, mit der man sich selbst verwirklicht und sich nicht von kurzfristigen Trends bestimmen lassen, 3. Sich klar werden darüber, welche Ziele man verfolgt, welche Schritte gemacht werden müssen, um diese Ziele zu erreichen und dann weder Zeit- noch Geldinvestitionen scheuen, um die Schritte zu nehmen.


Im November gibt es eine Unplugged Session. Wie kann man sich diese Vorstellen, ohne Shouts und ohne Effekte? Wie viel Vorbereitung kostet euch das? Die Songs können sicherlich nicht komplett unverändert bleiben, oder?

BREATHE ATLANTIS: Nein, da hast Du Recht. Wir haben "Lost" und Co. komplett um arrangiert und nicht einfach nur Part für Part auf "Akustik" gesetzt. Hier geht es ja vor allem auch um eine ganz besondere Atmosphäre, die transportiert werden soll. Im Sommer haben wir die Lieder schon in u. a. London, Kopenhagen und Amsterdam gespielt - und dem Publikum hat es auf jeden Fall gefallen. Jetzt sind wir natürlich gespannt darauf zu sehen, wie unsere Acoustic-Session in Deutschland ankommt.


Das Video "Golden Messiah" rockt bis sprichwörtlich die Fetzen fliegen! Was könnt ihr uns spannendes über den Dreh erzählen? Welcher Pfarrer hat euch die Kirche überlassen?

BREATHE ATLANTIS: Das Video haben wir in der Christuskirche in Bochum gedreht. Das war echt abgefahren, denn wir sind nicht gerade die regelmäßigen Kirchgänger (ich bin Heide) und durften dann diese wunderschöne, religiös-kulturell geprägte Kulisse ganz für uns alleine nutzen. Das ist schon beeindruckend. Das Lied handelt davon, dass jeder von uns zur Rettung dieser Welt beitragen kann, wenn er wirklich alles dafür gibt. Und das haben wir im Video auch echt getan - alles gegeben.


Wo macht ihr am liebsten Musik? Proberaum, in der Sonne oder auf der Bühne?

BREATHE ATLANTIS: Wir leben Musik - egal, ob wir im Proberaum neue Lieder schreiben, im Park zusammen jammen oder Konzerte geben. Was Letzteres angeht, ist das auch unabhängig davon, ob das z.B. ein Open-Air-Festival, ein fetter Supportgig oder eine kleine Clubshow ist: Jedes Konzert ist einzigartig und hat seinen eigenen Charme. Wir geben auf der Bühne (nicht nur im Musikvideo zu "Golden Messiah") einfach alles und machen den Moment zu etwas ganz besonderem. Kommt einfach zur nächsten Show vorbei und überzeugt Euch selbst!


Welche Bands haben eure Ohren in diesem Jahr am meisten beschallt?

BREATHE ATLANTIS: In Nicos Player lief ARCHITECTS mit "All Our Gods Have Abandoned Us" und PIERCE THE VEIL mit "Misadventures". Markus liebt das neue Album von BLINK182, Marvin kann nicht ohne RAE SREMMURD mit "SremmLife 2" leben, Joschi hört schon als Weckton CHON mit "Grow". Jans aktuelle Lieblingsscheibe ist PAPA ROACH mit "F.E.A.R.". Gerade feiern wir (fast) alle außerdem sehr das neue Album von DIE ANTWOORD.


[B]Was gibt's als nächstes von Euch zu hören? Schon 'ne neue EP auf dem Dampfer, oder erst mal die Tour-Daten abhaken?

BREATHE ATLANTIS: Im Moment sind wir viel unterwegs und spielen eine Menge Shows. Es macht einfach verdammt viel Spaß, die FUTURESTORIES-Songs live zu performen und persönliches Feedback vom Publikum zu bekommen. Im November fahren wir mit den neuen Liedern im Gepäck u.a. nochmal in den Norden (10.11. Hamburg, 12.11. Osnabrück, 18.11. Osterholz-Schermbeck, 19.11. Marl). Parallel dazu schreiben wir auch schon fleißig an neuen Tracks - mehr verraten wir aber noch nicht. Erst mal wird ausgiebig die aktuelle Platte in die Welt gebracht. Wir sehen uns auf Tour!


LINK: c-tube Profil von REDFIELD RECORDS