Ban­din­ter­vi­ew: Berge

23.02.2016
Musikvideo und Interview mit Berge

Entrevista

"Vor uns die Sinnflut" heißt euer aktuelles Album. Das zweite 'n' haben wir auf den letzten Drücker entdeckt, da uns die Umwandlung des gängigen Spruchs "Nach uns die Sintflut" schon so gut gefiel, dass wir euch zuerst eine Frage in Richtung Galgenhumor stellen wollten. Jetzt müssen wir den Einstieg natürlich anders gestalten. Also, welche 'Sinnflut' steht uns eurer Meinung nach bevor?

BERGE: Naja eigentlich ist die Sinnflut schon längst über uns gerollt. Ich muss mich jedenfalls jeden Tag derbe konzentrieren, nicht zu viel in meinem Smartphone zu lesen und trotzdem schmerzt mir abends der Kopf. Ich würde sagen, dass es immer mehr wird. Schlechte Nachrichten und Katastrophen gibt es ja nun wirklich an jeder Ecke und für mich fühlt es sich an, als wenn es irgendwann "crasht". Oder es kommt wirklich 'ne Sinnflut.


Zwölf Tracks hat euer mittlerweile drittes Album "Vor uns die Sinnflut" zu bieten. Was habt ihr bei diesem Album anders gemacht als bei den zweien zuvor?

BERGE: Also erst mal haben wir uns utopisch viel Zeit gelassen, das war schon anders. So gesehen beschreibt das Album schon eine ganze Ära und ist ein Sammelsurium vieler kreativer Ansätze, Inhalte und Ergüsse, und wir haben am Ende nur das genommen, bei dem wir wirklich gefühlt haben, dass es das jetzt sein soll. Wir haben in diesem Album auch viel mehr Wert darauf gelegt, wirklich etwas zu sagen, dass vielleicht etwas verändern kann.



Und wie seid ihr es angegangen: Komponieren im Kleinen, zu Hause, im Park, und dann mit Hilfe der Plattenfirma Musiker und Produzenten für die Realisierung gefunden, inklusive 14 Tage Studiobuchung? Oder war alles ganz anders?

BERGE: Wir haben alles selber gemacht ohne Plattenfirma, die kam erst später. Finanziert haben wir alles mit einem Crowdfunding, das war damals noch ziemlich neu. Dabei haben wir sowohl Songwriting-technisch als auch produktionstechnisch so ziemlich jeden Ansatz ausprobiert, den man so verfolgen kann. Mit Produzent, ohne Produzent, mit einem anderem Produzenten, auf dem Klo, in der Küche, im Studio, in Hamburg, in Berlin, in Malaga, tagsüber, nachts, mutterseelenallein oder mit gaaaanz vielen Leuten. Es war echt fünf Jahre 'ne Reise.


Wie kommt man heutzutage 'noch' bei einem so großen Label wie Sony unter? Ist das ein Fluch (weil man erst ganz 'groß' werden muss, um die nötige Beachtung innerhalb der Company zu bekommen) oder Segen (da kaum noch eine Band einen richtigen Deal mit einem Major bekommt)?

BERGE: Es ist immer Beides und es kommt am Ende immer darauf an, was man daraus macht.


Ihr macht als Duo seit vielen Jahren zusammen Musik. Wie hat das bei jedem von euch angefangen mit der Musik? Autodidaktik, Konservatorium, großer Bruder, Eltern?

BERGE: Wir haben beide recht früh angefangen, mein Vater war Musiker und da lag die Gitarre mit 10 unterm Weihnachtsbaum. Dann ging's los, ich hatte so viele wirre Gedanken, dass ich besser Songs daraus geschrieben habe und irgendwann war klar, dass ich unbedingt eine Band will. Rocco war schon immer eher der ehrgeizige Typ, ich glaub er hat als Jugendlicher wirklich versucht jedes Instrument perfekt zu beherrschen. Heute ist er einer der besten Musiker, die ich kenne.


Und wie habt ihr euch als musikalisches Duo gefunden

BERGE: Wir trafen uns auf einem Schulkonzert einer gemeinsamen Freundin. Seit jeher haben wir auf wundersame Weise jeden zweiten Tag miteinander verbracht und Musik gemacht und das ist nicht mal sonderlich übertrieben.


Für euren Clip "Wir sind frei" habt ihr offensichtlich das halbe Mauerpark-Flohmarkt Happening des Prenzlauer Berges an der Frankfurter Allee in Berlin versammelt. Wie habt ihr den Clip entwickelt? Wie lief der Dreh?

BERGE: Wir hatten sensationelle Unterstützung von Freunden, die beim Film arbeiten und haben einfach alle mobilisiert, die wir kennen. Die Devise war: einfach machen! Natürlich läuft so ein Dreh manchmal stressiger und chaotischer ab, wenn man alles selber macht, aber wir haben es glaube ich trotzdem irgendwie geschafft die Laune oben zu halten.


Wir sind frei = Freiheit!? Welche Werte liegen euch persönlich sehr am Herzen? Schöpft ihr daraus auch eure Ideen für Songs oder entstehen die eher zufällig, durch Begegnungen, Gespräche, Erzählungen oder Vorfälle?

BERGE: Ich glaube alles kann und wird immer eine Inspiration sein. Wichtig ist nur, dass die Themen, die man da so besingt einem auch wirklich unterm Nagel brennen. Wir wollen Hoffnung machen, zum Mensch sein und zum Miteinander animieren, weil es einfach so viel schöner ist.


Ihr habt auf Einladung des Goethe Instituts in Weißrussland, Russland, Kasachstan und Litauen Konzerte gegeben. Wie war das für euch, deutscher Kulturexport zu sein?

BERGE: Es war herzergreifend wie offen und dankbar das Publikum dort auf uns reagiert hat. In Osteuropa erzeugt Musik eben echt noch einen Hype. Wir waren leider nie so lange dort, so dass wir gar nicht die Zeit hatten tiefergehende Beziehungen aufzubauen.


Wenn ihr so zurück schaut, was war der bisher schönste, magischste oder verrückteste Moment für BERGE?

BERGE: Ich kann wirklich sagen, dass das ganze letzte Jahr für uns ziemlich krass war, weil einfach so unglaublich viel passiert ist. Mein persönlicher Höhepunkt war die Band-Tour im Herbst. Es hat einfach mega viel Spaß gemacht zu neunt unterwegs zu sein und die Bühnen zu rocken. Ich freu mich schon auf die nächste Tour im Frühjahr.


Und nach vorne geschaut: auf was freut ihr euch in der nächsten Zeit ganz besonders?

BERGE: Wir werden wieder ein Album machen und ich freu mich auf die neuen Songs.


In eurer aktuellen Playlist mit Tracks anderer Künstler finden sich folgende Songs:

BERGE: Emiliana Tourrini - Nothing brings me down, Trevor Hall - Unpack your memories, Käptn Peng - Der Anfang ist nah, Asgeir - King and Cross.

Die Fragen beantwortete Marianne Neumann, Sängerin von BERGE.


LINK: c-tube Profil von BERGE