Line6 DL4 MKII Delay

Seit 10 Jahren habe ich immer wieder damit geliebäugelt, mir ein DL4 zu kaufen. Als die Neuauflage kam, habe ich es sofort bestellt. Ich wurde absolut nicht enttäuscht. Ein unfassbares Teil! Es kann alles, was ein (originales) DL4 auch kann. Allerdings muss ich sagen, dass die neuen Features noch viel überzeugender sind. Die Delays lassen keine Wünsche offen. Wenn es analog klingen soll, klingt es auch analog. Wenn es digital klingen soll, klingt es auch so. Von normalem Delay bis zu abgedrehten Pitch-Delays ist alles dabei. Die Tap-Tempo-Funktion ermöglicht es, nahezu alle Delays direkt im Proberaum zu nutzen. Es macht einfach riesigen Spaß! Die bedienung bei einer solchen eierlegenden Wollmilchsau ist natürlich etwas komplexer. Sobald man sich allerdings eine gute Stunde damit beschäftigt hat und vielleicht ein bis zwei Tutorials angeschaut hat, kommt man gut klar. Das Feature, dieses Teil auch als kleinen Looper zu nutzen hat mich ebenso erzeugt. Mein kleiner Looper auf meinem Live-Board musste weichen. Für Songwriting absolut genial und sehr inspirierend. Die Verarbeitung ist sehr gut. Das teil ist ziemlich schwer.
Thomann hat schnell geliefert. Obwohl das Ding fast überall vergriffen ist.

Ich hatte das Gerät von 2000-2002 auf meinem (Live) Board, für die damalige Zeit war es der Knaller: 3 Presets, zig Delay Models und ein abgefahrenen Looper.
Inder MK2 Version kommen noch 16 Reverbs obendrauf, alles auf Helix Niveau zu einem vernünftigen Preis. Da musste ich zugreifen ! Nach 1 Woche Studiotest mein Fazit: Delays und Reverbs Klingen top ! Halten problemlos stand gegen Softube bzw. Valhalla Plugins. Aber: Eine intuitive, Schnelle und, spontane Bedienung, vor allem der Hallalgoritmen ist unmöglich, da man sich auf einem nonstop Blindflug befindet. Bei der Aufnahme habe ich keine Lust, ständig die Bedienung in die Hand zu nehmen und die Alt Taste gedrückt zu halten, während die Gitarre am Hals baumelt. Vielleicht ist das für Live Musiker nicht so problematisch, da man im Vorhinein seine Presets bastelt und dann nur noch abruft. Im Studio, wo man schnelle Entscheidungen treffen und flexibel sein muss, ist das Gerät eher ungeeignet. Der Looper ist Fun, hier bin ich aber kein Experte.

Das Line6 ist wirklich sehr ausgeklügelt, wenn man sich ein wenig in die Einstellmöglichkeiten eingearbeitet hat. Der Sound wirkt immer etwas wie ein Photoshopprojekt mit sehr viel "Weichzeichner". Er ist sehr angenehm und es lässt sich super nutzen, um nette Spuren für Projekte am Rechner/im Studio einzuspielen und es ist sicher auch ein sehr cooler Begleiter für kleine Sessions oder um einfach alleine etwas zu loopen.

Was mir gar nicht gefällt, ist der Sound den das Gerät im Bypass wiedergibt. Wenn man die A/D-Wandlung umgeht, verliert man einiges im Bassbereich/an tiefen Mitten der Gitarre. Sehr schade!

Der Sound mit den vielen Möglichkeiten hat wirklich seinen Charm und man kann sich auch darin verlieren, aber so ganz überzeugt bin ich nicht. Für mein Live-Board und im Proberaum werde ich es dauerhaft nicht benutzen.

Es hätte gereicht das Originaldelay mit besseren Wandlern und längerer Loop/Delayzeit auszustatten. Weniger ist oft VIEL mehr!
Die doppelten Bedienebenen (durch drücken der kleinen Taste) nerven einfach. Das ist nicht mehr mit EINER Hand bedienbar und mit dem Fuss schon gar nicht. Auch ein zweiter Looper ist überflüssig.
Das Gerät ist einfach mit zu vielen Features vollgestopft.
An der mechanischen Verarbeitung und der Soundqualität ist nichts auszusetzen. Die neuen Delaymodi finde ich aber viel zu verspielt was im ersten Moment und für Gimmicks ganz beeindruckend ist aber praktisch für mich nur wenig Wert hat. Ich würde mir wünschen die alten Presets bei der Bedienung im Vordergrund zu haben und die neuen als Bonsche.
Das Gerät liegt nun ungenutzt herum und ich habe es durch das TC2290P ersetzt welches für mich einfach der Hammer ist.

Bevor ich mich für dieses wirklich exzellente Effektpedal entscheiden habe, hatte ich ( sicher zum Leidwesen der Thomänner und Thofrauen) mehrere Delay/Reverb Pedale bestellt. Irgendeine Sache hatte mich bei denen (Nux Atlantic/Tape echo ) immer gestört.
Beim Dl4MK2 fehlt mir nur eine App fürs Handy. Doch dazu später mehr.

30 Delays und 15 Reverbtypen - was braucht es mehr.? Vor allem bei der Soundqualität?
Die Auswahl der Effekte ist über den Drehschalter (für Reverb noch die alt/leg Taste halten) sehr einfach. Jedoch das genaue einstellen der delayzeiten ohne ein Display eher sehr fummelig und viel try and error. Das ist auch der Grund warum ich eine app oder ein einfaches 4 stelliges Display am gerät vermisse.
Da ich viel über Midi „programmiere“ hab ich mir da angefangen eine liste der Zeiten/Werte zu erstellen- ist eine Fleißarbeit- die sich aber für mich gelohnt hat.

Wer gerne delays „ bastelt“ und gewohnt ist old school alles einzustellen, der bekommt hier ein Effektgerät das (fast) keine Wünsche offen lässt.