Der Grind versetzt mich in die fünfziger und sechziger Jahre in Köln zurück. Der WDR verfügte über ein Studio für elektronische Musik.
Hier entstanden die Hauptwerke von Karlheinz Stockhausen: Gesang der Jünglinge, Kontakte, Hymnen. Teile von Tago Mago der Gruppe Can entstanden ebenfalls in diesem Studio. Zur Generierung neuer Klänge kamen rudimentäre Apparate der Mess- und Regeltechnik sowie Tonbandgeräte zum Einsatz. Der zeitliche und finanzielle Aufwand waren dabei extrem hoch. Eine Vielzahl dieser Klänge und mehr finde ich heute in diesem kleinen Kasten wieder, der preislich erschwinglich ist.
Nachdem dem ich den Kippschalter des VCA auf on gesetzt hatte (Umgehung des Envelopegenerators) begann für mich eine Reise in die Unendlichkeit. Jede noch so kleine Änderung bei der Oszillatoreinstellung zeitigte eine neue klangliche Überraschung. Die Komponenten des Grind sind hervorragend aufeinander abgestimmt. Das Zusammenwirken der Komponenten vervielfacht die Möglichkeiten. Neben melodischen Strukturen taten sich rhythmische Strukturen auf. Menschliche Stimme kann ebenfalls imitiert werden. Einfach nur ein Traum. Dabei habe ich noch nicht einmal die Patchbay ausprobiert.
Alle Klangparameter sind direkt über Drehregler und Kippschalter manipulierbar. Hakelig wird die Einstellung der Clock direkt über das Gerät. Der Grind verfügt über einen Sequenzer. Dessen Bedienbarkeit am Grind ist jedoch auch eher eingeschränkt. Durch die Nutzung der kostenlosen Synthribe Software umgehe ich diese Problematiken. Über die App lassen sich Sequenzen einfach erstellen und abspeichern.
Lediglich die kleinen Drehregler sind schwer zu erreichen. Die fragilen Kippschalter behandle ich mit besonderer Umsicht. Hinsichtlich der Verarbeitung möchte ich anmerken, das mein Gerät leicht wackelt.
Leider kann ich keine volle Punktzahl hinsichtlich der Gesamtzufriedenheit abgeben. Ich möchte immer gerne wissen, warum ein Klang ist wie er ist. Bei einem komplexen Gerät wie dem Grind erachte ich eine vernünftige Bedienungsanleitung für angebracht. Die beigefügte ist sowohl inhaltlich als auch didaktisch nicht dazu geeignet, den Grind zu verstehen. Die Klangerstellung wird zum Herumstochern in den Eingeweiden einer toten Kuh. Da im Grind ein Brains-Modul verbaut ist, habe ich mir die Bedienungsanleitung bei Behringer angesehen. Die ist ebenfalls nicht geeignet, meinen Wissensdurst zu stillen. Brains basiert auf dem Plaits-Modul aus dem Jahre 2018 (Programmierung Open Source). Die Anleitung fällt hier etwas besser aus. Änderungen beim Timbre/Morph werden hier mit Schaubildern dargestellt. Der Grind ist nicht mein erster Synthesizer. Man könnte jetzt einwenden, dass jeder Synthesizer vom Prinzip her gleich gehäkelt ist. Dem muss ich jedoch widersprechen. Beim Grind wurde West Coast Technologie verbaut. Die findet man nicht in jedem Synthesizer. Buchla entwickelte das LPG. es handelt sich um die Kombination eines Lowpassfilters mit einem VCA. Keine hinreichenden Hinweise in der Bedienungsanleitung. Diese Schaltung ist schon sehr speziell. Ich kann ihn als Kill Switch oder zur Signalverstärkung nutzen. Das Mixermodul hat sich mir von der Funktionsweise leider auch noch nicht erschlossen. Aber ich stehe ja noch am Anfang.
Klare Kaufempfehlung. Zur Einarbeitung in die Funktionsweise eines Analogsynthesizers würde ich den Crave (100 % East Coast Technologie) jedoch vorziehen. Im Wesentlichen unterscheiden sich beide Instrumente nur im verbauten Oszillator und dem Lowpass Gate.
+ Patchbay
+ 6 beiliegende Patchkabel
+ Vielseitiger VCO
+ Harmonische Zusammenstellung der Komponenten
- Kein USB-B Kabel (Druckerkabel zur Verbindung mit dem PC)
- Bedienungsanleitung (wie immer)
- enigmatischer Sequenzer
- Clock Einstellung über Gerät
- Extreme Lautstärkeunterschiede bei Kopfhörergebrauch (VCA env/on)