Ich bin kein Podcaster, sondern ein Gitarrist, der ab und zu Musikvideos macht, und das nicht nur zuhause sondern auch unterwegs. Deshalb suchte ich einen kleines, mobiles Mischpult mit Effekten. Letztes Jahr (2023) habe ich den RodeCaster Duo und den Boss Gigcaster 5 getestet, konnte mich aber mit beiden Kandidaten nicht anfreunden, hauptsächlich wegen der Bedienung und Menüführung. Als alter Mackie-Fan war ich jetzt gespannt auf den DLZ-XS. Das große abgeschrägte und entspiegelte Display mit den zusätzlichen Drehreglern wird die Bedienung viel einfacher machen, dachte ich. Auf Fader kann ich gerne verzichten, wenn ich dadurch Platz spare. Immerhin passt der Mackie locker auf ein DIN-A4 Blatt. Die beiden Mic-Eingänge sind sogar minimal besser als bei der Konkurrenz und es gibt mehr Stereo-Eingänge (1x TRS Dual-Mono-Klinke und 1x Stereo-Miniklinke). Eingänge kann man nie genug haben! Dass es leider keine Hi-Z Eingänge für passive Tonabnehmer gibt, ist zu verschmerzen. Nach einigen YouTube-Videos und dem Test in Amazona habe ich den Mackie schließlich bestellt. Die Anleitung ist Mackie-typisch von epischer Länge (110 Seiten) mit einem leicht humorigen Schreibstil. Leider kommt man nicht umhin, zumindest Teile davon zu lesen.
Die Hardware erweckte bei mir zunächst allerdings wenig Vertrauen: Das Gehäuse ist aus dünnem Kunststoff mit internen Abschirmblechen. Das Gerät wird auf der Unterseite sehr heiß, da kaum Luftzirkulation wegen der sehr flachen Gummi-Pads auf der Unterseite. Das Netzteil (18 VDC 1,5A) hat keine Schutzerde, was Britzeln und Brumm-Störungen bei meiner Gitarre verursachte. Aber immerhin funktionierte das Gerät auch mobil mit einer 12 Volt Powerbank, und das brummfrei. Getestet habe ich das mit einem PD (Power Delivery) Triggerkabel mit Hohlstecker für 10 Euro, das meiner 40 Watt USB-C Powerbank 12 Volt bei 2,4 A entlockt.
Die Audioqualität ist ohne Tadel und mit meinem Lieblingsmikrofon Sennheiser MD441U ist so gut wie kein Rauschen vernehmbar, auch bei ausgeschaltetem Noise Gate. Die beiden getrennten Kopfhörerausgänge sind transparent und super laut auch noch bei 250 Ohm Studio-Hörern. Die verfügbaren Effekte (EQ, Compressor, Noise Gate, DeEsser, Reverb, Delay) sind allesamt sehr brauchbar und im Profi-Modus auch gut konfigurierbar. Sogar der Hall - beim RodeCaster ein Schwachpunkt - kann überzeugen (bei zurückhaltendem Einsatz). Gitarren mit aktivem Tonabnehmer kann man direkt an die Kombibuchse anschließen, passive Pickups mangels Hi-Z Eingang möglichst nur über einen Buffer oder ein Effektgerät, sonst gibt es eine Klangveränderung. Die Eingänge 3/4 eignen sich für Effektgeräte, Synthesizer oder andere Stereoquellen. Über Bluetooth kann man vom Handy Begleitspuren einspielen.
An digitalen Anschlussmöglichkeiten für Streaming und Recording fehlt es dem DLZ nicht, es gibt USB-C für Computer oder SSD, USB-A für USB-Stick sowie Ethernet für ein NDI Netzwerk. Außerdem einen Micro-SD-Kartenslot, der sich mit dem USB-Stick und dem Stereoeingang 3/4 einen Kanal teilt. Das ist eine ziemlich unglückliche Lösung, denn bei Aufnahmen, die Eingang 3/4 benutzen, muss man zum Abhören der Aufnahme erst mal im Menü die Kanalbelegung 3/4 ändern, damit man was hört. Für die nächste Aufnahme muss man alles wieder rückgängig machen. Das ist schlicht unzumutbar!!! Meine Bitte an Mackie: Mit dem nächsten Firmware-Update ein Makro für die Softpads liefern, mit dem man nach einer Aufnahme auf Tastendruck die Wiedergabe starten kann.
Fazit:
Die Mackie DLZ-XS hat abgesehen von dem noch größeren Display und den Fadern fast alles, was der große DLZ bietet, aber auf einer Grundfläche von DIN A4. Gegenüber dem RodeCaster Duo fehlt außer der Wireless-Mic-Funktion fast nichts, dafür hat er NDI und mehr Eingänge. Die Audioqualität ist makellos und die Effekte mehr als zufriedenstellend. Die Bedienung ist einfacher als bei der Konkurrenz durch das Display mit Encodern und die Menüs mit 3 Schwierigkeitsstufen von Anfänger bis Profi. Auch die digitalen Funktionen (Streaming und Recording) sind mindestens auf gleicher Höhe mit der Konkurrenz, bzw. übertreffen diese noch durch die Ethernet-Schnittstelle mit NDI.
Hardwaremäßig wird das Gesamtbild des DLZ-XS leider von einigen ärgerlichen Mängeln getrübt, angefangen von dem Plastik-Look, den etwas schwergängigen Pads, den Ungenauigkeiten der Parameter-Einstellung bei den gerasterten Drehreglern und dem Touch-Display, das oft erst beim wiederholten Antippen reagiert. Das Gehäuse könnte stabiler sein und das Wärme-Management effektiver. Ich hätte mir ein Netzteil mit Schutzerdung gewünscht und mit 12 Volt statt 18 Volt (wegen der Mobilität) und außerdem einen Anschluss für Fußtaster zum Starten und Stoppen der Aufnahme oder wenigstens MIDI über USB. Hier hat Rode die Nase vorn mit ihren MIDI-Makros für die Pads.
Softwaremäßig gibt es den erwähnten Umstand beim Aufnehmen von 3/4 auf USB-Stick oder SD. Aber auch sonst fehlt mir eine ganze Menge, was Mackie vielleicht per Update nachliefern könnte:
1. Makro-Funktionen für die Pads zum selber Programmieren, insbesondere:
2. Ein Makro zum Abhören einer gerade beendeten Aufnahme per Tastendruck.
3. Makros zur Änderung von Kanalbelegungen und Presets.
4. Eine vernünftige Schnittfunktion für Audio-Clips mit Waveform-Display, die vorhandene Funktion ist absolut unzumutbar.
5. Setzen und Löschen von Markern bei Aufnahme und Wiedergabe mit Abspeichern in der Audiodatei.
6. Visuelle Unterscheidung von Stereo- und Multitrack-Dateien im Datei-Menü.
7. Präzisere Einstellung der Parameter mit den Drehreglern.
8. Zuordnung von Presets und Effekten zur Signalquelle statt zum Kanal.
9. Die Möglichkeit, Multitrack-Aufnahmen über die Kanalfader neu abzumischen (wie zum Beispiel beim TASCAM M12).
Ich hoffe, dass nach dem Verkauf von Mackie an Rode die Produktpflege weiter läuft: Ende Juli 2024 stammt die aktuelle Firmware auf der Homepage immer noch vom Januar 2024!