Vor inzwischen 55 Jahren fand in dem Dorf Bethel im Staat New York das Woodstock-Festival statt. Als Höhepunkt der Hippiebewegung wurde es zum wunderbaren Chaos und zur Sternstunde der Live- und Open-Air-Musik zugleich. Nach mehr als einem halben Jahrhundert verbleibt noch immer der Eindruck, dass der Woodstock-Spirit vieles zum Positiven verändert hat.
Woodstock 1969: Zwischen Mythen und Realitäten
Um das Woodstock-Festival kreisen viele Mythen und Halbwahrheiten, vermutlich auch deshalb, weil so manche der damaligen Besucher sich allenfalls noch in Fragmenten an die Geschehnisse erinnern können. So ist etwa beim Lineup immer wieder die Rede von den „größten Acts“ der damaligen Zeit. Größen wie die Beatles, Rolling Stones, James Brown, Aretha Franklin oder Jeff Beck glänzten aber eher mit Abwesenheit. Das sollte jedoch nichts am schlussendlich weltweiten Erfolg des Happenings ändern. Damalige B-Promis wurden später zu Mega-Stars.
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Verspätung der besonderen Art
Hunderttausende stürmten das Feld des wohlwollenden Milchbauern Max Yasgur, verstopften die Straßen, sprangen nackt in den See. Fast eine halbe Million Menschen – mehr als doppelt so viele wie erwartet – kam zusammen, um drei Tage lang Musik zu hören und ein Zeichen gegen den Vietnamkrieg zu setzen. Es wurden vier Tage, die legendäre Erstausgabe begann zwar planmäßig am 15. August 1969, endete aber erst verspätet am Montagmorgen des 18. August.
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Woodstock 1969: Vom Kommerzgedanken zum Happening
Noch heute verkörpert Woodstock den Mythos eines friedliebenden, künstlerischen und „anderen“ Amerika. Umso erstaunlicher, als das Festival von den Veranstaltern Michael Lang und Artie Kornfeld eigentlich aus kommerziellen Interessen initiiert wurde. Tatsächlich wollten die Veranstalter nur ihr neues Tonstudio medial promoten. Bis heute erstaunt Zeitzeugen, wie friedlich das schlussendlich sämtliche Dimensionen sprengende Festival im Schlamm ablief. Die Festival-Pilger ignorierten den Matsch und die prekäre Versorgungslage; viele wurden im Zeichen der Musik Freunde fürs Leben oder auch nur für den Moment.
Der Zauberer lieferte die Woodstock-Hymne
Gitarrenzauberer Jimi Hendrix hatte einen seiner legendärsten Auftritte schlechthin. Die Festival-Besucher fieberten seinem Auftritt förmlich entgegen. Daraufhin lieferte er eine gewohnt virtuose Show ab. So interpretierte er die Nationalhymne der USA „The Star-Spangled Banner“ auf seiner Stratocaster. Obschon von Hendrix der darin enthaltene Friedensappell an die amerikanische Politik und die Kritik insbesondere am Vietnam-Krieg nie bestätigt wurden, entwickelte sich seine Version zur friedliebenden Hymne des Woodstock-Festivals.

Woodstock 1969: Reichlich Musik aus diversen Genres vereint
Gefeiert wurde trotz diverser Absagen zu unglaublich viel guter Musik, etwa von Santana, Joan Baez, The Grateful Dead, Janis Joplin, CCR und zahlreichen weiteren, natürlich auch zu Musik, die nicht jeder mochte. Bei insgesamt 32 Bands und Solo-Acts aus Folk, Rock, Psychedelic Rock, Blues, Country und mehr, bleibt das nicht aus. Negativ war das keinesfalls. Im Mittelpunkt stand die bunte Vielfalt der Gemeinsamkeit, eine Feier, wie sie die Welt selten zuvor erlebt hatte.
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Vom Gasinstallateur zur stimmgewaltigen Rock-Koryphäe
Das Lineup bot über die Festivaltage hinweg eine immense Vielfalt. So betrat beispielsweise auch ein gelernter Gasinstallateur die Bühne und sorgte für über Jahrzehnte nachhallende Furore. Sein Name: Joe Cocker. Mit seiner rauen Reibeisenstimme und der Version des Beatles-Songs „With A Little Help From My Friends“ markierte er seinen eigenen Sprung zu weltweitem Erfolg. Die Wetterfee zeigte sich erst mit Sonnenschein, dann mit sintflutartigem Regen, der unmittelbar nach Cockers Auftritt einsetzte.
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Notwendige Unterbrechung beim ersten Song
Als Ten Years After als einer der etlichen weiteren Höhepunkte ihr Set begannen, mussten sie aufgrund der extremen Luftfeuchtigkeit bereits nach einer Minute während des ersten Songs unterbrechen, um die Instrumente nachzustimmen. Als Zugabe spielte die Band „I’m Going Home“, wobei Gitarrenvirtuose Alvin Lee ein zehnminütiges Solo ablieferte, das daraufhin so ziemlich jeder aufstrebende Gitarrist nachspielen wollte. Oft kopiert, nie erreicht: Alvin Lee wurde später seine eigene Music-Man-Signature auf den Leib gezimmert.
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Woodstock 1969: Alles hat seine Zeit und seinen Platz
The Who gehörten bereits zu den damaligen Mega-Stars. Pete Townshend jedoch hatte bereits im Vorfeld die Nase gestrichen voll. Vielmehr bezeichnete er Woodstock als „heuchlerische Veranstaltung“. Außerdem hatte seine Frau Karen gerade die gemeinsame Tochter zur Welt gebracht, während The Who sich auf Tour befanden. Das Festival bedeutete einen unbequemen Zusatzauftritt im Tour-Kalender. Als ein politischer Aktivist während der Show die Bühne enterte und an Townshends Mikrofon trat, um über die politische Situation zu sprechen, zog Pete ihm frustriert und kommentarlos die Gitarre über den Kopf.
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Mit Sahnetorten und Sprudelflaschen
Offensichtlich sorgte das smoothe Sicherheitskonzept für Deeskalation, bevor eine Eskalation überhaupt stattfinden konnte. Bewusst wurde auf überzogene Polizeipräsenz mit Hubschraubern, Schlagstöcken und Pfefferspray verzichtet. Vielmehr setzten die Initiatoren einerseits auf New Yorker Polizisten mit hippieaffiner Gesinnung; auf der anderen Seite wurden die Hog Farmer, eine kalifornische Hippiekommune, engagiert. Zur Frage, wie er und seine Leute die Menschenmassen in Schach halten wollten, antwortete der Anführer der Hog Farmer: „Mit Sahnetorten und Sprudelflaschen“.
Weshalb zwei Menschen heute exakt 55 Jahre alt sind
Die nackten Zahlen sind bezeichnend. So verursachten die fast 500.000 Besucher des Hippie-Happenings bei ihrer Anreise bis zu 27 Kilometer Stau. Über die Festival-Tage hinweg teilten sie sich gerade einmal 600 Toilettenhäuschen. Die 18 Festival-Ärzte mussten bereits am zweiten Tag um 50 weitere Mediziner aufgestockt werden. Und zu den 6.000 Besuchern, die auf medizinische Hilfe angewiesen waren, gehörten sogar zwei Geburten. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!
Woodstock 1969: Freundlichkeit, Mitgefühl und Respekt
Zur Wahrheit gehört, dass der Spirit von Woodstock von Flower-Power, freier Liebe und jeder Menge Top-Acts lebte, aber auch bewusstseinserweiternden Substanzen. Nur folgerichtig grassiert noch heute das Statement: „Wenn du dich an Woodstock erinnern kannst, warst du nicht wirklich da.“ Woodstock war unvollkommen, chaotisch und schmutzig, aber absolut authentisch. Über allem schwebte dieser spezielle Spirit der Gemeinschaft, der das Festival vor inzwischen 55 Jahren zu einem monumentalen Ereignis machte, einem gigantischen, wenngleich viel zu gering equiptem Event mit Freundlichkeit, Mitgefühl und Respekt füreinander: Love, Peace and Rock’n’Roll.
Typische musikalische Begleiter aus der Hippie-Generation
Zu den typischen Instrumenten, die beim Woodstock einfach nicht fehlen durften, gehörten übrigens beispielsweise die Handtrommel und die Djembe, selbstverständlich die Westerngitarre und die 4-Loch-Okarina mit englischem Griffsystem, die förmlich zum Markenzeichen der Hippie-Bewegung wurde. Und auch heute huldigen die E-Gitarristen dem Zauberer mit dem Jimi-Hendrix-Gitarrengurt im Woodstock-Design.

Woodstock 1969: Dein Feedback
Wir sind gespannt, ob Woodstock jemals wiederholt werden kann; cool wär’s schon. Und falls ja, welches Instrument würdest du für die optimale Feierlaune zwischendurch mitnehmen?
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