🎤 Die Stimme ist das Instrument des Jahres 2025 und ich finde, es ist an der Zeit eine Rundumbetrachtung in zehn Punkten zu machen.
„Gott respektiert dich, wenn du arbeitest, aber er liebt dich, wenn du singst“. So geht ein indisches Sprichwort. Und wisst ihr, dass ihr keine Angst empfinden könnt, solange ihr singt? Die Stimme ist ein Instrument, für das ihr nichts anderes als euch selbst braucht.
Singen können alle. Überall und immer. Singen kostet nichts. Singen öffnet Türen und verbindet. Wenn ihr mit anderen singt, synchronisiert sich sogar euer Herzschlag.
1. Wie funktioniert die Stimme
Stimmbänder sind keine Bänder, sondern mit Schleimhaut ummantelte Muskeln, die in eurem Kehlkopf liegen und die von unten kommende Luft eures Atmens in Schwingung versetzen. Ansonsten ist nix fix.
Was meint das? Singen ist wie Gitarre spielen, aber ihr stellt euch vor, dass die Gitarre in Einzelteilen im Koffer liegt und ihr lernen müsst, die Teile optimal zusammenzusetzen und während eurer Performance zusammenzuhalten.
So kompliziert, wie das klingt, ist es nicht. Ich will nur sagen, dass eurer Köper in seiner Form und Spannung flexibel ist und ihr damit umgehen lernen müsst. Der Vorteil von Sängerinnen und Sängern ist, dass wir unser Instrument immer dabeihaben und überall Singen üben können.
Steckbrief Stimme
Geburtsjahr: vor ca. 150.000 Jahren
Alleinstellungsmerkmal: keine 2 Menschen haben die exakt gleiche Stimme
Tonumfang: ausgebildet ca. 2,5 bis 3 Oktaven bei einem Menschen, 4 Oktaven insgesamt
Tonlagen: Bass, Bariton, Tenor, Countertenor, Alt, Mezzosopran, Sopran
Gesamter Frequenzumfang: ca. 80 bis 16.000 Hz
Familienzugehörigkeit: einzigartiges Instrument
2. Singen kann jeder Mensch!
Ich coache seit über 30 Jahren Gesang und werde immer wieder von Schülern gefragt, ob ihre Stimme gut genug ist und ob es sich „lohnt“, sie auszubilden. Meine Antwort darauf ist immer dieselbe: In der ganzen Zeit habe ich zwei (!) Menschen getroffen, die so wenig Zugang zu ihrer Stimme hatten, dass ich dachte, vielleicht ist Singen nicht das Richtige für sie.

Aber bei allen anderen Menschen, egal, wie außergewöhnlich oder normal ihre Stimme war: Begabung stand nicht im Mittelpunkt, sondern eher der Wille, etwas aus der eigenen Stimme machen zu wollen, plus Geduld und Disziplin beim Üben. Sind diese drei Punkte vorhanden, dann geht so einiges und noch ‘ne ganze Menge mehr.
Ich kenne übrigens kein Kind, dass nicht mit dem Wunsch, sich zu Musik zu bewegen und zu singen, auf die Welt kommt. Schon Babys singen und beim Sprechen lernen exerzieren ihre ersten Lautübungen das Einmaleins der Basisgesangsübungen durch. Das habe ich gemerkt, als ich meinem eigenen Kind zugehört habe. Ich konnte immer genau sagen, was es gerade trainiert hat.
3. Altert eine Stimme?
Ich glaube, dass dieser Gedanke, im negativen Sinn, aus der Klassik kommt, wo Singen permanenter Hochleistungssport ist, Tonarten sich nicht an eine sich verändernde Stimme angepasst werden und ein eindeutiges, unumstößliches Soundideal herrscht.
Da werden Stimmen „zu alt“ für bestimmte Partien. In der nichtklassischen Musik spielt das keine so große Rolle. Songs können tiefer gesetzt werden, und eine Gesangsperformance besteht nicht nur aus maximaler Höhe und Leistung.
Stimmen verändern sich mit den Jahren. Das finde ich toll. Wir hören die Lebenserfahrung wie beispielsweise bei Johnny Cashs letzten Alben. Sängerinnen wie Ella Fitzgerald oder Marianne Faithful standen und stehen ihr ganzes Leben lang auf der Bühne und geben grandiose Konzerte.
Die Sänger vom Buena Vista Social Club haben in ihren 80ern und 90ern noch mal eben eine Weltkarriere hingelegt. Also: Nieder mit den gesellschaftlichen Konventionen von ‚zu alt sein‘ und immer schön weiter singen.
4. Singen ist kontrollierter Kontrollverlust
Wir benutzen unsere Sprechstimme intuitiv und denken nicht darüber nach, wie wir einen Ton produzieren wollen, um bestimmte Gefühle auszudrücken. Wir machen einfach! Beim Singen fangen wir aber zu oft an, genau darüber nachzudenken und blockieren.
Also müssen wir lernen das „intuitive Funktionieren“ unserer Stimme abrufen zu können. Ein Beispiel: Einen lauten Ton können wir nicht ins Publikum schieben oder drücken. Wenn wir das tun, pressen wir den Hals zusammen und halten das Zwerchfell fest, was nicht gut klingt und heiser machen kann.
Besser ist, sich, wie beim Dartspielen, ein Ziel zu überlegen, genau zu zielen und im Moment, in dem wir den Ton rufen oder mit Emotion schreien, die Stimme loszulassen und mit Schwung und Präzision ins Ziel zu werfen. Wir müssen vertrauen, dass unser Körper weiß, was zu tun ist, wenn wir ihn lassen.
5. Magie der Stimme
Wer kennt das nicht. Ein Freund oder eine Freundin ruft an und wir erkennen schon mit den ersten gesprochen Wörtern, dass etwas nicht stimmt. Unser Ohr kann feinste Unterscheide in Stimmsound und Lautstärke wahrnehmen. Eine Stimme reagiert sofort auf unseren psychischen Zustand.

Es ist schwer, die eigene Gefühlswelt stimmlich zu verbergen. Aber genau das ist auch die Superkraft der Stimme. Wir müssen nichts tun, nur empfinden und lassen (siehe Punkt 4) und können die Welt bewegen. Denn wer kennt das nicht, dass wir schon nach ein paar gesungenen Tönen zu Tränen gerührt oder schockverliebt in eine Stimme sind.
6. Gesangstechnik Gestern und Heute
Früher wurde viel in Gesangsgenres unterteilt. Hauptsächlich in Klassik oder Populäre Musik. Die Techniken waren speziell auf das Genre ausgerichtet und wenig untereinander kompatibel. Es hieß sogar, dass mehrere verschiedene Gesangsstile nicht von ein und derselben Stimme gesungen werden können.

Seit es die modernen Gesangstechniken wie das Estill Voice Training (EVT) oder die Complete Vocal Technique (CVT) gibt, die die Produktion von verschiedenen Stimmsounds unabhängig vom Genre lehren, lösen sich diese Grenzen zum Glück auf.
7. Wer singt, kann keine Angst haben
Singen und Angst haben gleichzeitig geht nicht. Beide Informationen werden im selben Teil des Gehirns verarbeitet. Ist das Singen aktiv, so kann das Gefühl der Angst nicht abgerufen werden. Deswegen singen wir im Keller oder im dunklen Wald.
8. Singen synchronisiert den Herzschlag
„Schwedische Forscher, die die Herzfrequenz von Sängern überwachten, während diese gemeinsam verschiedene Chorwerke sangen, fanden heraus, dass sich der Puls der Sänger gleichermaßen beschleunigte und verlangsamte, wenn die Mitglieder zusammen musizierten.

Die Wissenschaftler untersuchten 15 Chormitglieder, die eine Vielzahl verschiedener Werke sangen, und stellten fest, dass die Herzfrequenzen der Chorsänger umso mehr synchronisiert waren, je strukturierter das Werk war.
Die Wissenschaftler begründen diese Synchronität damit, dass Chorsänger ihre Atmung koordinieren und der menschliche Puls dem Rhythmus der Ein- und Ausatmung folgt.“
9. Der kurze Weg vom Sprechen zum Singen
Singen ist verlängertes Sprechen. Sprecht mal laut: 1 – 2 – 3. Euer Stimmton bei den Zahlen ist kurz und die Pausen zwischen den Zahlen sind komplett da. Dann stellt ihr euch vor, ihr steht auf einer Bühne und deklamiert (pompös und bombastisch sprechen) Shakespeare: 1 – 2 – 3.
Merkt ihr wie die Zahlen länger und lauter werden und die Stelle zwischen ihnen kleiner wird? Als letztes singt: 1 – 2 – 3. Jede Zahl ist nur noch Ton und es gibt keine Pausen mehr zwischen den Zahlen. Singen ist also Sprechen mit ganz viel Sound und ohne Pausen zwischen den Wörtern.
10. Was Singen noch alles kann
Singen stärkt das Gemeinschaftsgefühl.
Singen setzt Endorphine frei und stärkt das Immunsystem.
Singen verbessert die Haltung.
Singen kann ein Workout sein. Wir bewegen bis zu 1000 Muskeln.
Singen verbessert die Atmung.
Singen stärkt das Gedächtnis.
Gesang ist eine internationale Sprache.
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Die Stimme – das Instrument des Jahres 2025
Singen kann also richtig viel! Wie sieht es bei dir aus? Wie sind deine Erfahrungen mit dem Singen? Lass es uns in einem Kommentar wissen!
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