Zu Jackson habe ich eine klammheimliche Liebe, war aber oft von der Qualität enttäuscht. Als fleißiger Influencer-Zuschauer war ich dann doch von dem Gejubel über deren JS32 Gitarren derart angestachelt, dass ich mir eine JS32T Rhoads bestellte. Daher will ich mal versuchen zu klären, was an dem Hype dran ist.
Die Gitarre kam doppelt und dreifach sicher verpackt an (Dank auch an Thomann). Der Lack ist (wie ich es auch schon erlebt habe) glatt und nicht klebrig. Und zwar so glatt, dass ich auch keine Streifen erkennen kann. Eine Beschichtung würde mich daher nicht wundern. Das Griffbrett aus Amaranth (Purpleheart) keine Spur von Purpur, sondern sieht aus wie Palisander, was mich zumindest vermuten lässt, dass es eingefärbt wurde. Die Maserung ist sehr fein.
Bauartbedingt ist die Gitarre natürlich kopflastig, da sie im Ganzen aber fast nichts wiegt fällt das kaum ins Gewicht. Das Halsprofil ist wirklich gelungen, ich hatte schon Jacksons da war der Seitenradius so scharf, dass der Hals mit der Zeit drückte, aber hier passt alles. Man hat ein Breithalsgefühl, große Hände finden Platz. Spielgefühl ist nicht die reine Sahne, aber mindestens Butter. Beim obligatorischen Seitenwechsel dann der erste Bummer, die Body-through Löcher sind richtig schlecht gebohrt, was das Durchfädeln zur Geduldprobe macht.
Die generelle Verarbeitungsqualität ist zu loben. Lack, Bindings, Fräsungen, alles ordentlich. Geometrie passt auch, alle Maße stimmen, das machen andere Anbieter oft viel schlechter. Nur mit der Lupe erkennt man ein paar Klebereste und ein minimales Ausfransen der aufgedruckten Bevels – juckt alles nicht. Die Bundenden sind etwas scharfkantig. Wer in diesem Preissegment etwas anderes erwartet, der darf belehrt werden. Einfach eine Nagelfeile nehmen und etwas nacharbeiten. Gestört haben mich die Bundenden bei Spiel aber gar nicht. Im Übrigen sind die Sidedots nur aufgedruckt. Remember the price!
So dann machen wir mal die Halstasche auf und brauchen erst mal einen Stuhl. So einen Dreck habe ich selten gesehen. Alles voller Späne und Bohrstaub. Als Folge stimmt der Halswinkel nicht mehr, der Halsverlauf macht zum Korpus hin eine Schanze. Man findet das sehr oft bei Einsteigergitarren. Kommt davon, dass man in der Fabrik Hals und Korpus gleichzeitig bohrt und dann die Schrauben rein jagen ohne Dreck und Ausfräsungen wegzumachen. Übel, übel und sie lernen es einfach nicht! Was wenn jemand da nicht reinschaut? Der ärgert sich dann dass die Gitarre in den hohen Langen ständig schnarrt. Zu allem Überfluss weist die Halstasche auch noch (neben den Schraubbohrungen) weitere Löcher auf (vermutlich zum Aufhängen beim Lackieren). Also erst mal eine dicke Rüge! Außen Hui, innen pfui!
Die Hardware ist für das Preissegment ok. Nicht gut, aber auch nicht wirklich schlecht. Auswechseln kann man sich sparen, es wird eh keine Highendgitarre draus. Bünde sind gut eingepasst, ich kann keine zu hohen Bünde ausmachen, alle Töne sauber, gute Arbeit. Bauartbedingt ist der Saitenverlauf nach Sattel und Brücke nicht wirklich optimal, hier haben wir keine guten Knickwinkel; an der Kopfplatte ließe sich das evtl. noch mit einer Retainerbar beheben. Bei der Elektrik wurde sauber gearbeitet, die Abschirmung ist gut. Der Switch ist gerade mal nicht schlecht, die Potis besser, drehen aber ungemein schwer, was ich persönlich mag, entfällt doch das versehentliche Verstellen.
Ebenso bauert- oder formbedingt ist der abenteuerliche horizontale Verlauf der Saiten nach dem Sattel. Gerade die beiden E- e-Saiten knicken doch deutlich seitlich weg, was mir nicht gefällt. Tipp: E,A Saite gegen den Uhrzeigersinn wickeln, die restlichen Saiten im Uhrzeigersinn, dann werden die Auslenkungswinkel minimiert. Die Sattelschlitze sind gerade genug breit für 9-42, wer es breiter braucht feilt besser nach.
Die Saitenspannung ist übrigens erfreulich weich. Ich spiele sonst Locking Trem, da ist die Spannung ungleich höher. Ursache ist dass bei der Rhoads der dehnbare Anteil der Saite so lang wie sie selbst ist, nämlich von der Korpusboden bis zur Mechanik. Gefällt mir richtig gut.
Nun zum Klang: Es gibt in diesem Preissegment keine brauchbaren Pickups. Punkt. Die Stock-Pus haben zwar gehörig Output und klingen vielleicht gerade noch charmant, matschen aber im Highgain alles zu. Pickups wie diese sind letztlich Platzhalter. Ich habe einen SD Invader in die Brückenposition geschraubt – perfect match (nicht Matsch, haha!)
Der akustische Klang ist nicht so toll. Die Gitarre spricht irre schnell an, die Saiten klingen auch sonor und nicht belegt, aber das hat alles keine Fülle, keine Tiefe, es ist hart am Eierschneider, Draht auf Holz – mehr nicht. Wie sollte es bauartbedingt auch anders sein, der Korpus hat wenig Masse, Pappel nicht wirklich eine klangliche Charakteristik und der helle, klirrige Ahornhals überlagert alles. Muss man mit leben. Im Highgain geht es dann schon, auch wenn die Gitarre sich im Mix alles andere als durchsetzt? Aber sie klingt enorm rotzig!
Ich kann dieses Review nicht beenden, ohne meine persönlichen Eindruck dieser Gitarre (abseits der objektiven Fakten) zu schildern: Das Teil kickt unfassbar. Der Spirit der Rhoads ist mächtig. Schnell, virtuos, neoklassisch, rooaackig, hot ‚n‘ heeavy. die Gitarre zwingt Einen geradezu in diese Richtung.
Es ist meine No. 1 Übe-Gitarre geworden. Das Attack macht süchtig. Und ja, sie inspiriert. Es sind schon einige gute Riffs entstanden. Die Gitarre ist übrigens nicht zu klein für große Leute, der lange obere Flügel und die spitze Kopfplatte bewirken hier das ihre.
Fazit:
Objektiv: oookay.
Subjektiv: Yeah!!