Die Corona-Pandemie verlangt uns einiges ab. Sessions mit mehreren physisch anwesenden Musikern sind gegenwärtig nicht möglich. Aber es wäre doch gelacht, wenn das Virus unsere Kreativität und gemeinsame Proben vollkommen ausbremsen würde. ?? Die Lösung: Wir begeben uns in die virtuelle Welt und vernetzen uns online. Immerhin gibt es Plattformen, die exakt für die musikalische Video- und Streaming-Schalte konfektioniert sind.
Mit unbedarften Kenntnissen könnte man glauben, ein simples Tool wie Skype, Zoom oder TeamSpeak, Jitsi Meet oder Discord, FaceTime oder WhatsApp genüge, um gemeinsam online zu jammen. Ganz so simpel ist es nicht. Bei mehreren Teilnehmern kommen diese Lösungen aufgrund der zu hohen Verzögerungszeiten und eingeschränkten Funktionen an ihre Grenzen.
Jamkazam – speziell für Musiker entwickelt
Jamkazam wurde von Anfang an speziell für die Anforderungen von Musikern konzipiert. Das Programm überzeugt durch niedrige Latenz und hohe Audioqualität. Zudem sind etliche nützliche Features wie der umfangreiche Mixer, das Screen- und Filesharing und auch das Metronom integriert. Jamkazam arbeitet ausschließlich auf 64-Bit-Betriebssystemen.
Wer auf die kostenpflichtigen Backing- und Jam-Tracks verzichtet, kann das Programm unentgeltlich nutzen. Jamkazam muss detailliert eingestellt werden, damit es gut und mit möglichst wenig Verzögerung funktioniert. Die Interaktion erfolgt nicht über einen Server, stattdessen Peer-to-Peer zwischen den Rechnern der teilnehmenden Musiker. Gerade deshalb ist die Installation anspruchsvoll, aber solche Hürden nehmen wir Musiker im Vorübergehen.
Jamulus – Open-Source-Plattform kontiniuerlich weiterentwickelt
Bei Jamulus handelt es sich um eine kostenloses Open-Source-Programm. Das Online-Tool für das gemeinsame Jammen, Proben oder das Veranstalten von virtuellen Konzerten ist keinesfalls neu. Die User profitieren davon, dass diese bereits seit Jahren existierende Plattform kontinuierlich von der Online-Crowd weiterentwickelt und verbessert wird.
Der Nachteil: Jamulus bietet keine Videoübertragung; allerdings lässt sich dieses Manko dadurch umgehen, indem man beispielsweise Zoom mit deaktiviertem Audio nebenbei nutzt. Wie bei den meisten anderen Tools entscheidet sich die Übertragungsqualität am genutzten Server, der leistungsfähiger sein muss als herkömmliche Web-Hosting-Server.
Steinberg VST Connect – die Lösung vom Software-Profi
Erst kürzlich haben die Software-Spezialisten von Steinberg mit VST Connect 5 ihr neuestes Update ihrer Online-Kollaborationssoftware präsentiert. Steinberg VST ist eine Add-on-Software, bei der Gesangstimmen und Instrumente mit exaktem Timing aufgenommen werden und Keyboarder MIDI-Noten unmittelbar zum Song einspielen können.
In der aktuellen Version können Cubase oder Nuendeo als Kommunikationszentrale genutzt werden. Die neue Videostreaming-Funktion lässt euch mit euren Bandkollegen oder Musikgästen in der virtuellen Ferne nah zusammenrücken. Eigentlich so, als spielt die Musik in einem einzigen Raum, obschon der eine vielleicht in Buxtehude, die anderen in Paris, New York und sonst wo sitzen.
Sofasession wieder zum Leben erweckt
Sofasession war von den Betreibern aus Liquiditätsgründen bereits eingestellt worden. Die Nutzung der Kollaborationsplattform ist für die User kostenlos, was dazu führte, dass die Serverkosten von den Betreibern nicht mehr gestemmt werden konnten. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Tools zum Online-Musizieren gerade in Corona-Zeiten wurde es wieder neu aus dem Boden gestampft.
Etliche Musiker hatten sich an die Plattform gewandt, die sich im Zuge der „Stay at home“-Bedingungen eine Möglichkeit zum Online-Musizieren wünschten. Sofasession ist in seinen Funktionen ziemlich eingeschränkt, hat eine mittlere Audioqualität und Latenz, überträgt außerdem ausschließlich Audio. Gerade weil mit Hochdruck an Verbesserungen gearbeitet wird, sollte man das Tool im Auge behalten.
Und was sonst noch benötigt wird
Allemal sinnvoll ist ein Audiointerface. Das muss nicht zwangsläufig teuer sein, sollte aber unbedingt die benötigt niedrige Latenzzeit abbilden. Eine gute Lösung dafür ist das Steinberg UR242 USB 2.0 Audiointerface. Mit an Board hat es verzögerungsfreie Effekte und ein DSP-basiertes und somit latenzfreies Monitoring. Kleiner Vorteil am Rande: Die Cubase AI Software von Steinberg ist als Software-Version inklusive.
Natürlich müsst ihr selbst gesehen und gehört werden. Verwenden könnt ihr dafür zunächst die Webcam am Laptop. Besserer Resultate werdet ihr vermutlich mit einer externen Kamera erzielen. Schließlich wollt ihr auch optisch überzeugen. Wichtig dabei ist die Full-HD-Auflösung. Frisch auf dem Markt ist die Swissonic Webcam 2 Full-HD AF, die ein Mikrofon gleich mit an Bord hat. Kompatibel ist die Webcam mit Mac OS und Windows.
Sofern ihr die Stimme oder akustische Instrumente aufnehmen wollt, benötigt ihr bekanntlich ein Mikrofon. Letztlich reden wir hier von der online gestreamten Variante des Home-Recording. Gute Ergebnis lassen sich dabei mit Studio-Großmembranmikrofonen erzielen. So etwa mit dem t.bone SC-450, sinnvollerweise gleich im Set mit Popp-Killer.
Unbedingt nützlich ist ein Kleinmixer. Das muss kein bühnenreifes Monstrum sein. Weitaus wichtiger ist die integrierte USB-Soundkarte. Auch sollte das Pult selbstredend genügend Kanäle zur Verfügung stellen und eine vernünftig konzipierte Equalizer- und Effektsektion besitzen. Bewährt hat sich das Behringer Xenyx X1204 USB-Mischpult. Als Bundle gewählt, kommt es im praktischen und stabilen Case.
+++
Wollt ihr mit mehreren Musikern online gemeinsam proben, ist die Übertragung mit minimaler Latenz zwingend nötig. Andernfalls holpert alles fröhlich durcheinander. Gleichermaßen wichtig wie die Software ist die genutzte Hardware. Insbesondere der möglichst leistungsfähige Server, sofern nicht Port to Port übertragen wird. Und ebenso klar ist: Wenn eure eigene Internetverbindung zu lahm ist, ist dies die erste Stellschraube, an der ihr drehen müsst. Aber die Zeiten dürften ja selbst hierzulande bald vorüber sein, hoffentlich. ?
Na dann, hoffentlich konnte dieser Artikel euch an paar Inspirationen an die Hand reichen. Schon jetzt viel Spaß! Hat euch der Blogartikel weitergeholfen? Wie probt ihr in Corona-Zeiten? Gerne dürft ihr uns das in einem Kommentar verraten. ✍
13 Kommentare
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Sebastian sagt:
Geil, wie immer. Danke!
pio sagt:
Schöne Info, vielen Dank!
Tobitotal sagt:
Vielen Dank für die Infos!
Mhdb sagt:
# Musik von zwei oder mehr beteiligten Internetstandorten hebt sich gegenseitig auf. Bei Sprache ist das nicht so, weil sie immer (auch unmerklich) nacheinander erfolgt. Beim Versuch gemeinsamen Online-Zusammenspiels hoert man daher anfangs noch etwas, dann verschwindet die Musik aber gaenzlich.
# Scheint musikalisches Zusammenspiel trotzdem ueber ein vielleicht besonderes Internetportal zu gelingen, wird doch sogar noch geringste Internetverzoegerung schnell zum unueberwindbaren Problem fuer synchrones Miteinanderspielen.
# Bei solch vielleicht besonderem Internetportal wie Jamkazam soll die Internetverzoegerung zwar enorm niedrig sein, doch staendiges Nachjustieren ist erforderlich bei allmoeglichem benoetigtem Equipment, sogar beim Router: Das ist unglaublich waghalsig, weil viele MusikerInnen das spezielle Computer- und Internetwissen hierzu nicht haben oder keinerlei Lust, sich endlos mit solchem Wissen, das zur Musik lediglich erforderliche Nebensache ist, zu befassen.
Bassmichel sagt:
In unserer Region funktioniert das Internet noch mechanisch und die Züge, Hebel und Lager müssen regelmäßig abgeschmiert werden.
Schade, aber kannste vergessen.
Arnd sagt:
hallo Dominic,
hier unsere Erfahrungen zu dem Thema.
Ausgangsituation, wir ERA 51 sind eine Rockband mit 2 x Gitarre, Bass, Drums, Sängerin. Jeder von uns hat zuhause einen windows PC oder Laptop mit LAN Anschluss, Kabel, Mikros, Kopfhörer, Instrumente. Ein schnelles Internet ist mit Kabel LAN Anschluss zum Rechner notwendig.
Neu angeschafft haben wir uns die Behringer Audiointerfaces UMC 202HD, UMC 204 HD und UMC 404HD.
JAMKAZAM: hat bei uns vom ersten Tag an Probleme gemacht. Latenzen, Rauschen, Knacken, Aussetzer und Abstürze etc. Es war nur frustierend. Dann kam dazu das jetzt ganz aktuell nur die Basisversion kostenfrei ist.
JAMULUS: hatten wir Bedenken wegen der Server Thematik. Jedoch war dies unbegründet. Daher haben wir JAMULUS runtergeladen und die notwendigen Einstellungen vorgenommen, Server ausgewählt und los gerockt. Ja es geht so einfach.
Fazit: Wir proben mit problemlos JAMULUS, JAMKAZAM ist gelöscht, Wir hören uns über Kopfhörer, es geht den Umständen entsprechend gut. Jedoch ist auch diese online Probe mit einer LIVE-Probe bei der wir uns sehen und auch mit Körpersprache kommunizieren nicht zu vergleichen.
Das Wohnzimmer ist jetzt mein Proberaum , und die Liebste hat es erlaubt.
Grüße Arnd auch an Paul für seine gute Beratung.
,
Franziska sagt:
Hallo Arnd,
vielen Dank für dein Feedback und deine warmen Worte. Daumen drücken, dass bald eine „normale“ Probe wieder möglich ist. Bis dahin müssen wir wohl das Beste aus der Situation machen.
Alles Gute für 2021 und keep on rockin‘! ? Franziska
Frauke sagt:
Hallo, wir warem mit Jamkazam nicht erfolgreich. Und leider haben wir auch bei Jamulus zu viel Latenzen trotz schneller Internetanbindung und schnellem Audio Interface. Ich frag mich echt warum das bei uns nicht klappt 🙁
Rachel sagt:
Schade, dass es bei dir mit der Latenz bei Jamulus nicht zu funktionieren scheint. Das soll nicht sein!
Vielleicht finden wir eine Lösung. Ich selbst entwickle an Jamulus mit und es gibt ein paar Grundprinzipien, die zu einer hohen Latenz führen:
0. Ein eher gefühltes Problem: Du hörst gleichzeitig auf dein Livesignal und auf darin Monitorsignal vom Server. Dadurch kommt es zu einem Verlangsamungseffekt. Jamulus.io spricht dabei von „HÖRE. NUR. AUF. DAS. SIGNAL. VOM. SERVER!“ auf der Getting Started Seite: https://jamulus.io/de/wiki/Getting-Started
1. Es wird WLAN statt LAN genutzt und die WLAN Verbindung ist nicht zuverlässig. Je weiter weg du vom Router bist, desto schlechter die Qualität
2. Du hast die Puffergröße zu hoch eingestellt. Gehe in die Einstellungen und wähle eine niedrigere Puffergröße aus
3. Dein Ping ist zu hoch. Wenn du Internet nicht über DSL (ADSL, besser VDSL), Kabel oder LTE (oder besser) nutzt, sondern Satellit wird die Latenz zu hoch sein
4. Du nutzt einen Server, der zu weit entfernt von dir ist: Nutze einen öffentlichen Server in Deutschland
Wenn du weitere Hilfe brauchst, wird dir bestimmt im Jamulus Forum weitergeholfen:
https://sourceforge.net/p/llcon/discussion/
irmbert sagt:
Leider setzen die Infos in diesem Artikel, wie in allen von mir bisher online gefundenen Beiträgen zum Thema, so viel technische Vorkenntnisse voraus, dass ich keine Ahnung hab, wie ich hinein finden kann.
JamKazam hab ich (Gesang) mit einem Bekannten (Klavier) vor rund eineinhalb Monaten ausprobiert, und die Verbindung hat überraschenderweise ohne viel Bastelei ziemlich gut funktioniert. Vor mehr als zwei Wochen wollten wir das wiederholen – und es hat nicht nur nicht funktioniert, sondern mir ist auch völlig rätselhaft, worin die Hürden bestehen. Der Bekannte hat dann, ähnlich wie hier Mhdb, irgendwas in Sachen Router-Einstellungen vermutet, während mein Knowhow gerade so weit reicht, dass ich inzwischen überhaupt weiß, dass mein Modem (zum Glasfaser-Kabelnetz meines Providers) ein Router IST. Mit Interfaces hab ich mich noch nie befasst – ich war schon heilfroh, dass mein PC bzw. das Betriebssystem mein Mikrofon erkannt hat und ich problemlos die richtige Buchse für den Klinkenstecker identifizieren kann.
Für Menschen also, die sich mit Musik nicht als Nebenbereich ihres auf zumindest grundlegenden Programmierkenntnissen basierenden IT-Interesses befassen, sondern umgekehrt vor allem mit Musik in der Hoffnung, dass dafür passende Technik ohne langwierige Einschulung und finanziellen Aufwand genutzt werden kann, ist das hier keine Einstiegshilfe. Und wo es die für mich geben kann, erschließt sich mir hier leider auch nicht.
Gwendolyn sagt:
Hallo irmbert,
Ja, leider ist bei den benannten Programmen immer eine Einstiegshürde da. Ich habe es geschafft mehrere Chöre in Jamulus einzuweisen (dort ist die Technik-Heterogenität sehr groß) und es ist durchaus machbar sobald alle ein LAN Kabel + evtl. Interface haben. Nur Mut! Vielleicht hilft ein Bekannter aus?
Verteiltes Musizieren ist nicht nur wegen Lockdowns und Co. interessant: Es gibt auch andere Anwendungsgebiete (z.B. Konzerte aus verschiedenen Ländern; Stichwort WorldJam, Proben mit mehren Bands; zum Kontakte-knüpfen,…) was in Zukunft sicher immer wichtiger wird.
Anleitungen gibt’s jetzt zu hauf: https://jamulus.io/de/wiki/Getting-Started https://www.heike-henning.com/post/chorproben-via-jamulus und auch zu JamKazam reicht eine kurze Google Suche ;-). Thomann könnte vielleicht ein paar Links zu Anleitungen in den Artikel einfügen?
Thomas sagt:
Ich spiele in einer Salsa Big Band, wir haben den ersten Versuch mit Jamulus durchgeführt leider noch ohne Percussion, bin gespannt wie wir 3 Percussionisten (conga, timbales, bongo/campana) zusammen bringen ohne das dass Microtiming groß leidet (Latin muss ja sehr tight gespielt werden und ab 60ms Latenz wird es eher zum Swing) , gibt es Tipps hierfür (die Grundlagen Tipps, wir LAN und puffervhaben wir schon umgesetzt) ?
bisher sind wir der Ansicht, dass es nur für Ablauf und Durchlaufproben geeignet ist. Arbeiten im Satz oder Dynamik ist eher schwer umsetzbar…. Mal sehen wie es weiter geht…
Gwendolyn sagt:
Sofasession scheint nicht mehr zu existieren. Schade.