Ich mag den Sound alter Marshalls - JMP / Plexi / JTM45 etc... Diese Dynamik, dieses Spielgefühl, dieser Klarheit beim Zurückregeln an der Gitarre. Viele moderne Amps klingen an sich super, sind aber bei weitem nicht so dynamisch oder werden wattig/dumpf/unnatürlich beim Abregeln an der Gitarre.
Der Twin Sister fängt den Vibe eines alten Marshall JTM45 sehr gut ein. Vor allem die Gleichrichterröhre hilft, dieses "spongy" Spielgefühl authentisch zu reproduzieren. Er klingt im Attack nicht so hart wie z.B. ein JCM800 oder Plexi aber auch nicht ganz so nachgiebig wie ein Fender.
In den Mitten klingt er etwas aggressiver wie ein JTM45 (Friedman verwendet das klassische Super Lead Tonestack mit 33k/500pf/22nf/22nf, statt der 56k/250pf/22nf/22nf beim JTM45). Dadurch geht's etwas rockiger zur Sache. Hier reden wir aber nicht über Soundwelten sondern eine leicht andere tonale Färbung der unteren bzw. oberen Mitten.
Insgesamt würde ich den Amp als modernen JTM45 beschreiben, der etwas rockiger daherkommt und bei Bedarf mehr Gain hat. Hier wären wir auch bei den Zusatzfeatures:
1. Bright Cap:
Ein absoluter Game-Changer im Vergleich zur normalen Dirty Shirley. Die alten Marshalls haben in der Regel ein fest installiertes Bright Cap (100pf JTM45 bis hin zu 4700pf beim Super Lead). Einer der Gründe wieso die alten Kisten so gut "abregeln" an der Gitarre. Beim Twin Sister kann man nun so ein Bright Cap auf Wunsch zuschalten. Dadurch hat man auch beim Zurückregeln noch diese lebendigen Höhen und es wird nichts "wattig/dumpf". Das fühlt sich klasse unter den Fingern an!
Darüber hinaus hat der Amp einen 3-Stufen Gain Schalter. Man kann also relativ viele Sounds abrufen. Mehr Gain / weniger Gain. Dieser Gainswitch fühlt sich an, als ob man die Grund-Zerr-Charakteristik hinter dem eigentlichen Gainregler voreinstellt. Schwer zu beschreiben, muss man fühlen, ist aber super nutzbar und total praxistauglich.
Vom Gain reicht der Amp von Clean /Crunch bis Rock / Hardrock. Für alle härteren Genres braucht man einen anderen Amp. Das Teil ist ein Classic-/Blues-/Hard-/Rock Allrounder.
Im Gegensatz zu den alten Originalen hat der Amp darüber hinaus einen funktionierenden Master, zwei schaltbare Soundebenen und einen FX Loop. Man bekommt, wie ich finde, relativ viel Amp für's Geld wenngleich er natürlich preislich (aber auch klanglich) in der Oberliga spielt.
Beim Friedman Twin Sister lassen sich im Vergleich zum Vintage-Kollegen auch die Bässe besser Regeln. Alte JTM45 können schon arg "schwammig" im Bass werden und sind prinzipiell sehr "fett" vom Grundsound. Der Twin Sister ist auch sehr sehr rund und bassig, was sich aber bei Bedarf sehr gut herausregeln und zähmen lässt.
Grundsätzlich muss ich sagen, dass der Twin Sister für mich als alter Marshall-Fanboy ein nahezu perfekter Amp aus der Neuzeit ist, da er die alten Sounds sehr gut in die Moderne transportiert. Ich wüsste eigentlich nicht wirklich was man daraus aussetzen sollte.
Lediglich die fehlende Kanalanzeige am Amp kann etwas nerven und der FX-Loop hat hin und wieder bei langen Kabelwegen leichte Probleme mit Nebengeräuschen. Das ist aber bei vielen Solid-State-Loops so. Man kann das aber mit guten Kabeln und guter Kabelführung in den Griff bekommen und wird ansonsten mit einem tollen Sound entschädigt.
Fazit:
Gitarristen die auf alte Marshall-Sounds stehen, viel mit dem Volume an der Gitarre arbeiten und einen dynamischen Ton suchen, sollten die Friedman Twin Sister unbedingt antesten.