Wer ein Akkordeon sein Eigen nennt, steht vor dem Problem „Wie transportiere ich es?“.
Vom Hersteller wird häufig ein Koffer mitgeliefert. Darin ist es sehr gut gegen Druck und Schläge geschützt, nur das Tragen ist wenig kommod. Ein Rucksack macht dies deutlich angenehmer.
Unabdingbare Eigenschaften des Rucksackes sollten sein:
- Es darf keine Zugbelastung auf dem Reißverschluss liegen
- der Stoff muss so robust sein, dass er an den Nähten nicht ausreißt
- auf der Unterseite braucht es „Füßchen“, ansonsten ist der Stoff schnell durchgescheuert, verdreckt und saugt bei Nässe Wasser.
Für leichte Akkordeons mögen die billigen „Stoffsäcke“ vielleicht noch akzeptabel sein, für schwere und sehr teure „120er“ garantiert nicht mehr.
Nach langer Markterkundung kamen für mich letztlich nur zwei Modelle in Betracht: Das von FUSELLI („Thomann Accordion Bag Pro“) in der Pro-Version (das Modell gibt es bei diversen anderen Akkordeonhändlern, der Unterschied liegt nur im aufgenähten Verkäuferlabel – hier halt Thomann) und der SOUNDWEAR Performer. Thomann gewährt auf beide 3 Jahre Garantie.
Beide Rucksäcke benutze ich seit mehreren Jahren in der 120er-Version (für Weltmeister Supra mit Cassotto und ein großes Marinucci, beide über 10 kg schwer), habe also genug Alltagserfahrung gesammelt.
Beiden ist gemeinsam:
- zwei umlaufende Gurtbänder mit Steckschließen verteilen die Zugbelastung gleichmäßig, der Reißverschluss wird somit geschont
- gepolsterte Rucksackgurte, die aufwändig mit dem Korpus vernäht sind
- sehr dicke, feste Innenpolsterung
- eine Beladung ist sowohl von der Seite als auch über die Breite möglich und der Sack bleibt hierbei stehen und fällt nicht wie bei Billigteilen in sich zusammen
- robuste Kunststoffreißverschlüsse ohne „Zähnchen“, innen abgedeckt.
- „Füßchen“ auf der Bodenunterseiteseite
- Vordertasche
- die Stoffe sind robust, aber nicht regendicht. Eine Regenhülle wie bei Bergrucksäcken haben sie nicht
- eine Befestigungsmöglichkeit für einen Notenständer ist nicht vorhanden
- vom Innenraum sind sie sehr ähnlich
- beide werden nach Herstellergaben nicht in China, sondern in Europa gefertigt
Was unterscheidet Soundwear von Fuselli?:
- die Tragegurte sind breiter (8 statt 5 cm), dicker gepolstert und anatomisch geformt
- der Trägerabstand im Nacken ist weiter (11 statt 5 cm), was auch für den Hüftbereich gilt (40 statt 28 cm)
- der Abstand obere zu untere Trägernaht („Rückenlänge“) beträgt 47 statt 42 cm
- die Träger sind oben am Umlaufgurt vernäht, beim Fuselli daneben. Der Kraftschluss ist daher besser und der Stoff wird weniger belastet
- zusätzlich Brustgurt (das Gewicht zieht die Schultern nicht so stark nach hinten) und Hüftriemen (aber kein Hüfttragegurt wie beim Bergrucksack, also keine Entlastung der Schultern!). Der Schulterumhängegurt ist bei einem Gewicht von 12 – 15 kg sinnfrei – würde hier einer der Karabiner versagen, würde das Instrument aus 1 m Höhe auf den Boden knallen!
- eine Deckelkappe schützt den oberen Reißverschlussteil vor Nässe
- drei Reißverschlüsse, die sich im rechten oberen Eck treffen anstatt eines durchgängigen, auch den Boden öffnenden 2-Wege-Reißverschlusses. Der Soundwear lässt sich daher seitlich nur rechts öffnen
- die Innenpolsterung ist noch dicker (25 statt 20 mm), die Abdeckung auf der Reißverschlussinnenseite breiter (bessere Dämpfung bei Schlag auf den Reißverschluss)
- auf der Innenseite des Bodens hat der Fuselli zusätzlich eine dicke Kunststofffolie – schützt gegen aufsteigende Nässe
- vier „Füßchen“ (Gummiplatten) seitlich und eins in der Mitte anstatt nur vier an der Seite des Bodens
- zwei Vordertaschen (in die große passt ein A4-Ordner mit 7,5 cm Rückenbreite um einen Hauch in der Dicke nicht hinein , der Reißverschluss lässt sich nicht mehr schließen), die kleine mit Unterteilungen; beim Fuselli nur eine Tasche (für A4-Ordner mit 5 cm Rückenbreite)
- Reflektorstreifen um die Vordertasche – bei Dunkelheit ein nicht zu unterschätzender Sicherheitsaspekt!
- von den fast überdimensionierten Reißverschlussgriffen des Soundwear nicht täuschen lassen – bei mir brach einer nach wenigen Monaten ab (nein, ich habe keine Bierflasche damit geöffnet). Wurde von der Firma ratz fatz ersetzt, die Garantieabwicklung lief also reibungslos.
Fazit:
Beide Rucksäcke lassen sich gut tragen (der Soundwear auf längerer Strecke deutlich bequemer) und auch das Radfahren war damit kein Problem (beim Damenrahmen ist das Absteigen deutlich angenehmer, klarer Vorteil, meine Herren). Die Polsterung ist so dick, dass im normalen Alltagsgebrauch keine Gefahr für das Instrument besteht. Die Reißverschlüsse, der Stoff und v. a. die Nähte sind bislang ohne Makel.
Der Rucksack von FUSELLI ist klar der Preis-Leistung-Sieger (kostet nur die Hälfte!), der SOUNDWEAR ist für diejenigen eine Empfehlung, denen Tragekomfort, Polsterung, Stauraum und Sichtbarkeit in der Nacht den deutlichen Aufpreis wert sind.