Kurze Erläuterung zu den einzelnen Kriterien:
Bedienung:
Die Bedienung ist größtenteils sehr intuitiv! Alle typischen Funktionen sind schnell auf der Oberfläche erreichbar, das Layout ergibt Sinn, der Bildschirm gibt zuverlässig Feedback. Für erweiterte Soundbearbeitung muss man sich ein bisschen durch Menüs durchklicken, ist aber in Ordnung.
Die Effekte sind frei zuweisbar, dadurch treffen die Bezeichnungen auf den Reglern "Depth" und "Rate" nicht immer zu. Das ist bei den roten Kollegen besser gelöst, da ist in der Effektkette allerdings nicht so viel Flexibilität.
Der Halleffekt (hinten in der Kette, ganz rechts auf der Oberfläche) ist sehr auffällig, bei einem Send von 5-10 hat man einen brauchbaren Hall, 10-127 ist dann schon Effekthall. Hier könnte die Dosierung besser auf den großen Regelweg angepasst sein.
Features:
Das YC ist ein Stagepiano, daher ist es eher sparsam mit "Special Features" ausgestattet. Was ich aber lobend erwähnen muss, und auch kaufentscheidend war, ist dass ein rudimentäres Audiointerface verbaut ist. Wie leistungsstark das ist hab ich noch nicht vollends getestet, um ein zwei Plugins über Mainstage abzufeuern reichts aus!
Auf jeden Fall auf OS 1.2 updaten, das fügt noch einige neue Features hinzu.
Sound:
Die Pianosounds sind sehr gut. Rhodes/Clavinet auch wunderbar. Beim Wurlitzersound hat Yamaha die Messlatte nach oben geschraubt, der Wurli klingt lebensecht und kann mit Keyscape mithalten. Alle übrigen Sounds sind brauchbar, wenn auch keine Offenbarung. Eine kleine Enttäuschung bei der Orgel: Zwar ist Yamaha hier eine ganz brauchbare Simulation gelungen, die für einzelne Orgelparts ausreicht; die auf Tonewheelorgeln spezialisierten Mitbewerber haben hier aber eindeutig die Nase vorne. Das vergleichbare rote Gerät ist dafür allerdings auch ein gutes Stück teurer. Bei den Klavier/EPiano-Sounds ist Yamaha erstklassig, was auf die Mitbewerber im gleichen Segment auch nicht immer zutrifft. Man muss eben als Musiker wissen, was einem wichtig ist und gefällt.
Verarbeitung
ist einwandfrei. Schön stabiles Blech, die Regler und Tasten fühlen sich wertig an. Auch die kleinen silbernen Schalter fühlen sich gut an, ich hoffe dass sie lange durchhalten. Die Tastatur ist wunderbar ausdrucksstark und hält auch aggressiverem Spiel stand. Einzig das Pedal fühlt sich beim Spielen erstmal ein bisschen "knusprig" an, vielleicht vergeht das im Dauereinsatz dann irgendwann.
Verschiedenes:
Hier nochmal der Hinweis, auf jeden Fall ein Update auf 1.2 durchzuführen, sofern es nicht ab Werk installiert ist. Das erweitert die Funktionen und Sounds nochmal ein gutes Stück.
Die MIDI-Funktionalität könnte ausgefeilter sein, z. B. dass man jedem Layer einen eigenen Channel zuweisen kann wäre eine Funktion die ich sehr schätzen würde.
Fazit:
Ich bin ganz happy mit dem YC. Hier kriegt man zwar kein Allzweckwerkzeug mit 4000 Presets, aber auch kein One-Trick-Pony. Das YC glänzt als erstklassiges Stagekeyboard, was auf der Bühne alle Grundbedürfnisse eines pianistischen Keyboarders kompetent abdeckt und im (MIDI-)Studio zumindest Grundaufgaben ordentlich erledigen kann. Nur wer auf super authentische Orgelsounds oder extensive MIDI-Funktionalität Wert legt ist wohl mit einem anderen Gerät besser beraten. Ich werde mein YC behalten.
Kürzer Nachtrag nach 1½ Monaten Nutzung: Wo das YC88 tatsächlich im Zusammenspiel mit Mainstage einzelne Schwächen hat (das eingebaute Audiointerface ist tatsächlich auch nur moderat belastbar), glänzt es wie erwartet als Standalone-Board, oder durch das Hinzufügen einer einzelnen MIDI-Leiste für die Orgelsounds. Die Einstellung "Piano über die YC Tastatur, Orgel extern" ist schnell gemacht, die Sounds haben sich auf der Bühne bewährt und auch der schnelle Zugriff auf wichtige Parameter ist für den Live-Keyboarder Gold wert. Habe meine Kaufentscheidung nach wie vor nicht bereut.