Optik
Toll, da gibt es nichts zu mäkeln. Klar findet sich hier und da mal etwas was auffällt, aber für den Preis nicht der Rede wert.
Die „Open Pore“ Lackierung ist nicht wie bspw. von Gibson gewohnt wirklich Open Pore, sondern eher matt. Nicht schlecht, aber anders. Es handelt sich um eine dünne Lackierung die matt angeschliffen wurde und noch ein wenig die Holzstruktur darunter erkennen lässt, zumindest bei meiner Faded Brown Ausführung.
Die beiden Schäftungen am Hals im Bereich des Korpusübergangs (heel joint) und im Bereich zur Nähe der Kopfplatte (scarf joint) sind nur bei genauem Hinsehen erkennbar. Dies gilt ebenso für den dreiteiligen Korpus, dessen Mahagoni Teile eine gleichmäßige Struktur aufweisen.
Verarbeitung
Für diesen Preis Top. Es gibt wirklich nichts zum Meckern. Die matte Haptik ist ein Handschmeichler und man möchte die Gitarre nicht mehr so schnell in den Gitarrenständer zurückstellen.
Playability
Ich war mir eigentlich sicher, dass ich nach Erhalt der Gitarre wieder einen Nachmittag im Keller in meiner Gitarren Werkstatt verbringen würde.
Grundsätzlich ist das volle Optimierungs- und Setup Programm immer bei Gitarren günstigerer Marken und oftmals auch bei Gitarren von Herstellern der Originale erforderlich (Bünde abrichten, Bundkanten entgraten, Bünde und Bundkanten polieren, evtl. Griffbrett feinschleifen, Sattel nachkerben, Halskrümmung, Saitenlage und Intonation einstellen, etc.).
Umso erstaunter war ich, dass da die Thomänner und Thobienen vor Versand schon sehr gute Arbeit geleistet hatten. Der Sattel war schon ordentlich vorgekerbt, die Bünde abgerichtet (überprüft mit dem Präzisionslineal) und auch die Bundkanten ziemlich gut entgratet.
Ich habe dann noch die Bünde und die Bundkanten poliert, minimal den Sattel nachgekerbt, meine 009 er Saiten aufgezogen und alle Einstellarbeiten vorgenommen. Perfekt!
Tipp: Kein Griffbrettöl verwenden, das Griffbrett scheint lackiert zu sein, das würde ansonsten danach kleben wie Sau.
Da ich eine sehr flache Saitenlage bevorzuge, habe ich ein grundsätzliches Problem mit manchen Wraparound Bridges. Ich habe eine der früheren Harley Benton CST-24 Black Cherry Flame mit Wraparound Bridge und diese Gitarre war für mich anfangs unspielbar, da die Saitenhöhe selbst bei niedrigster Einstellhöhe der Bridge noch immer so hoch war, das ein komfortables Bespielen nicht möglich war. Abhilfe brachte nur eine schmälere Bridge und zusätzlich 4 mm tiefere Kerben der Saitenauflage an der Bridge.
Das war bei dieser Gitarre bei weitem nicht so problematisch, aber ich musste trotzdem die Einschlaghülsen der Befestigungsschrauben der Bridge ein paar Millimeter unter die Korpusdecke versenken und die Kerben der Saitenreiter etwas nachkerben um die restlichen Millimeter herauszuholen, um eine für mich komfortable Saitenlage einstellen zu können.
Leider lässt ist die Höheneinstellung des Dog Ear P90 zu wünschen übrig, sprich „is nich“. Ein wenig näher an den Saiten wäre wünschenswert. Vielleicht kann ich hier mit einer Unterlage aus Moosgummi noch etwas herausholen.
Eine Variante mit einem zusätzlichen Neck P90 wäre der Hit, da der einzelne Bridge PU die Gitarre konstruktionsbedingt klanglich etwas einschränkt.
Fazit:
E-Gitarre aufs Wesentliche reduziert.
Tolle Basis, geile Optik, gute Verarbeitung und Setup aus dem Hause Thomann.
Preis-/Leistung Top!
Nachtrag am 22.05.2020:
Ich habe nun noch die letzte "Baustelle" beseitigt und den Dog Ear P90 auf meine gewünschte Höhe gebracht. Dazu habe ich einen relativ festen Moosgummi genau auf die Größe der PU Ausfräsung zugeschnitten, dabei eine Rinne für die unten herausstehenden PU Schrauben eingearbeitet sowie einen Aussschnitt für das Kabel.
Jetzt kann ich den P90 ziemlich nahe an die Saiten heranführen und die ca. 4 mm Differenz zum Korpus stören auch optisch nicht weiter.
Das macht sich im Klang m. E. sofort bemerkbar, da dieser jetzt lauter, kräftiger und einfach mit mehr Punch und Druck produziert wird.
Es mag Gitarristen geben, die mehr den "luftigen" Klang zurückgedrehter PU's mögen, aber das ist weniger meines. Die Gitarre muss knallen und das tut sie jetzt auch noch etwas mehr als vorher.
Ich werde in jedem Falle den Standard Roswell P90 drin lassen, denn der macht seinen Job wirklich gut.
Mission beendet. Jetzt darf die Harley Benton live ihre Qualitäten beweisen.