Thomann zu Gast bei Lakewood Guitars

Thomann zu Gast bei Lakewood Guitars

Der renommierte Gitarrenhersteller Lakewood lud vier Thomann-Mitarbeiter zu einem Besuch nach Gießen ein. Diese Chance ließen sich Chris Wächtler, Tommy Willner (beide Produktmanagement Gitarre), Christian Purrmann und Daniel Krapp (beide Gitarrenabteilung) natürlich nicht entgehen. Von ihren exklusiven Einblicken in den Produktionsablauf berichtet euch Chris hier:

Treppendorf – Frankfurt – Gießen: Auf geht’s!

Über Lakewoods Einladung freuten wir uns natürlich – schließlich zählen die Gitarren zur absoluten Premiumklasse. Wir nutzten die Chance und verbrachten im Anschluß an die Musikmesse in Frankfurt einen Tag im benachbarten Gießen. Im Ortsteil Rödgen wurden wir herzlich von Geschäftsführer Martin Seeliger und einem Team bei einem kleinen Imbiss in der Produktionsstätte empfangen.

Anfänge als Gitarrenbauer und die Gründung von Lakewood

Martin Seeliger

Martin Seeliger

Nachdem Martin Seeliger während seiner Zivildienstzeit bei einem Musikhaus ausgeholfen hatte, begann er 1979 eine Lehre in der Gitarrenbauwerkstatt von Manfred Pletz in Taunusstein. Schon bald nach der Ausbildung zog es ihn aus privaten Gründen nach Gießen, wo er 1982 den auf akustische Gitarren spezialisierten Musikladen „Saitensprung“ eröffnete. Um sich seinen Traum zu erfüllen, legte er 1984 die Meisterprüfung ab, verkaufte den „Saitensprung“ und begann mit der Herstellung eigener Gitarren. Anfangs trugen die Instrumente seinen Namen.

Erst 1986 wurden die ersten Instrumente unter dem neuen Markennamen „Lakewood“ in den Handel gebracht. Mit dem Ziel, einen international einprägsamen Namen zu finden, suchte er ganz einfach mit dem Finger auf der Landkarte nach klangvollen Ortschaften oder Landstrichen. Am Ufer des Eriesee (USA) blieb sein Finger bei einem kleinen Städtchen in der Nähe von Cleveland, Ohio stehen. Die Entscheidung war gefallen und sein neuer Brand Lakewood wurde ins Leben gerufen. 1988 bezog Lakewood im Gießener Ortsteil Rödgen die großzügigen Räumlichkeiten einer ehemaligen Zigarrenfabrik, die bis heute der Standort der Firma Lakewood sind und mittlerweile aus allen Nähten zu platzen scheinen. Inzwischen nutzt Martin Seeliger und sein Team ein weiteres Gebäude im Nachbarort für die Lagerung der wertvollen Hölzer, Gitarrenkoffer, Zubehör und Ersatzteile.

Exclusive Einblicke in die präzise und aufwendige Produktion

Lakewood Gitarren werden seit jeher mit hoher Fertigungstiefe und ausschließlich in Deutschland gebaut. Derzeit besteht das Team vor Ort aus 18 Gitarrenbauern bzw. Gitarrenbau-Meistern. Die Anzahl der gefertigten Instrumente stieg über die Jahre konstant an, so dass derzeit ca. 1350 Instrumente pro Jahr die „Zigarrenfabrik“ verlassen.

Traditionelle Handwerkstechniken werden dort eingesetzt, wo die intuitive und durch Erfahrung des Gitarrenbauers geprägte Kunst erforderlich ist. Dies betrifft beispielsweise die Beurteilung von Hölzern und das Einschätzen von Oberflächen. Natürlich ist auch das Anfertigen feinster Verzierungen, nicht ohne eine geübte Hand umsetzbar. Arbeiten wie das Ausfräsen der Decken und Böden oder der filigranen Perlmutteinlagen werden mit Hilfe von modernen Fertigungstechniken in gleichbleibend hoher Präzision ausgeführt. Die Liebe zum Detail und zu hoher Präzision in jedem noch so kleinen Bestandteil der Gitarre, ist an allen Stellen der Fertigung sichtbar und fühlbar. Einlegearbeiten an Griffbrettern und Kopfplatten sind Alltag im Lakewood Customshop und werden exakt ausgeführt.

Kein Decke ohne das „OK“ des Chefs

Martin sucht die Decken der Gitarren immer noch persönlich aus und selektiert diese bereits beim Kauf. Damit jedoch jede Gitarre eines Modells immer den nahezu gleichen Klang hat, wurde extra hierfür eine Messtechnik entwickelt. Nicht die Dicke, sondern die Flexibilität einer Decke entscheidet über den Klang. Hierzu wird ein spezielles Gewicht auf immer die gleiche Stelle der Decke gelegt und Mithilfe eines Sensors unter der Decke die Flexibilität gemessen. Wenn die Decke nicht dem gewünschten Standard entspricht, bessert eine Breitband-Schleifmaschine nach. Die Präzision bei diesem Arbeitsschritt war auch für mich sehr beeindruckend – und ich habe schon sehr viele Gitarrenproduktionen besichtigt 🙂 Die Zargen werden vor dem Biegevorgang leicht angefeuchtet, um die zum Biegen erforderliche Hitze von 160° rasch im Holz zu verbreiten. Beim Gitarrenbau ist es wichtig, die Eigenarten jedes Holzes zu kennen, denn je nach Holzsorte variiert die erforderliche Zeit für den Biegevorgang.

Jetzt kommt zusammen was zusammen gehört

Böden und Zargen müssen bei Lakewood in Farbe und Muster perfekt zueinander passen, das ist ein ungeschriebenes Firmen-Gesetz. Hierzu werden aus einer Vielzahl von Böden, Decken, Zargen, etc. die passenden Exemplare ausgesucht und optimal kombiniert. Eine Arbeit, die nur von einem sehr erfahrenen Gitarrenbauer absolviert werden kann. Die spätere Optik (nach dem Lackiervorgang), sowie auch eine übereinstimmende Eignung in statischer Hinsicht müssen permanent gewährleistet sein. Der Zusammenbau eines Korpus aus den von der Vorfertigung bereitgestellten Einzelteilen dauert zwischen 45 und 75 Minuten. Die gesamte Produktionszeit für eine Gitarre liegt, je nach Komplexität des Models, zwischen 8 und 48 Stunden. Vom Beginn der Arbeiten bis zur Auslieferung des Instruments vergehen in der Regel ca. 6 Wochen.

Lackarbeiten und der letzte Feinschliff

Vor dem Lackieren müssen all die Teile, die nicht lackiert werden, zum Schutz sauber abgeklebt werden. Die Kontaktflächen zwischen Korpus und Hals, der Stegbereich und die Griffbrettvorderseite werden mit Klebeband abgedeckt. Und auch das Schallloch wird vor dem Eintreten von Lack gesichert. Der Lack besteht aus 4-10 Schichten, die zwischenzeitlich immer wieder geschliffen werden, um ein hochwertiges, sauberes und schönes Finish zu erzielen. Bei matten Oberflächen ist es Polyurethan-Lack, polierte Oberflächen sind aus einem UV-härtendem, lösemittelbasiertem Acryl-Lack. Insgesamt werden zwischen 60 und 100 Gramm Lack aufgebracht, die eine End-Schichtstärke von ca. 50µm ergeben. Bei einigen Instrumenten wird der bereits erwähnte UV-härtende Lack verwendet, der innerhalb von 60 Sekunden aushärtet. Dessen Vorteil ist eine kürzere Prozess-Zeit, die den reibungslosen Ablauf gewährleistet. Das Endergebnis ist eine ebenmäßige Lackierung, die hohe Gebrauchseigenschaften hat und doch so flexibel ist, dass sie den Bewegungen des Naturmaterials „Holz“ noch folgen kann. Kurz vor Fertigstellung des Instruments werden jetzt die letzten Schleif- und ggf. Polierarbeiten ausgeführt. Matt lackierte Instrumente sind nun schon bereit und erwarten die Endmontage von Steg, Mechaniken und Tonabnehmer. Lakewood Gitarren werden übrigens mit 012er Elixir Phosphor Bronze Saiten ausgestattet und ca. 85% der Gitarren sind mit Tonabnehmern ausgestattet.

Heimische Hölzer im Onlinekonfigurator

Auch beim Online-Konfigurator hat sich Lakewood etwas Besonderes einfallen lassen: Der Kunde kann hier vorgeben, dass nur einheimische Hölzer für den Bau seines Wunschinstruments verwendet werden sollen. Das betrifft sogar die kleinen Details wie Einlagen, Griffbrett-Dots und auch die Knöpfe der Mechaniken. Wenn man die vielen Arbeitsschritte, Details und den gesamten Aufwand sieht, der hinter solch einem Instrument steckt, merkt man, dass dieses einen Wert hat, der im wahrsten Sinne des Wortes „preiswert“ ist. Obendrein stellen die vielen individuellen Möglichkeiten sicher, dass hier jeder sein Trauminstrument finden kann.

Gitarre aus dem Lakewood Online-Konfigurator

Gitarre aus dem Lakewood Online-Konfigurator

 

An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Martin Seeliger, seine Frau und sein Team für die äußerst interessante Führung und die große Gastfreundschaft.

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Meon ist Gitarrist und Blogger. Er arbeitet seit 7 Jahren bei Thomann und ist permanent von Musik, Musikern und Instrumenten umgeben.

2 Kommentare

    Gerade der Online-Konfigurator ist eine schöne abendfüllende Beschäftigung mit dem Instrument für schlaflose Nächte… 🙂 Sozusagen der Custom-Shop für Jedermann!

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